Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
I. Die Mieter hatten von April 2016 bis März 2020 eine Wohnung von der Beklagten angemietet. Die vertraglich vereinbarte Nettokaltmiete betrug zunächst 610,65 Euro (7,86 Euro/qm). Mit Schreiben vom 20.07.2017 verlangte die Beklagte von den Mietern die Zustimmung zu einer Erhöhung der Nettokaltmiete um 63,43 Euro auf sodann 674,08 Euro (8,68 Euro/qm). Diesem Mieterhöhungsverlangen stimmten die Mieter am 06.09.2017 zu.
Im Januar 2019 ließen die Mieter gegenüber der Beklagten einen Verstoß gegen die Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe (§§ 556d ff. BGB) rügen. Sie verlangten Auskunft unter anderem über die Höhe der durch den Vormieter gezahlten Miete, über vorangegangene Mieterhöhungen und über durchgeführte Modernisierungsmaßnahmen. Ferner begehrten sie die Rückerstattung der künftig über den zulässigen Höchstbetrag hinaus zu viel gezahlten Miete, die Herausgabe der anteiligen Kaution sowie die Abgabe der Erklärung, dass die künftig fällig werdende Miete auf den zulässigen Höchstbetrag herabgesetzt werde.
II. Die Klage blieb in allen Instanzen ohne Erfolg.
1. Die Bedeutung der Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete
Nach Ansicht des BGH bezieht sich die durch das Zustimmungsverlangen des Vermieters und die Zustimmung des Mieters getroffene Mieterhöhungsvereinbarung nicht nur auf den Erhöhungsbetrag, sondern auf die neue Gesamtmiete. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Zustimmungserklärung der Mieter, die als Entwurf dem Mieterhöhungsverlangen der Beklagten beigefügt war mit der Bitte um Zustimmung zur begehrten Mieterhöhung durch Unterzeichnung und Rücksendung der Erklärung. Die gewählte Formulierung spricht dafür, dass Gegenstand der Vereinbarung die Erhöhung der Miete auf den neuen Gesamtbetrag war und nicht lediglich die Höhe der Veränderung. Denn dort ist ausdrücklich von der „bisher vereinbarten“ Nettokaltmiete, von deren „Veränderung“ um 63,43 Euro und von der „neuen Vereinbarung“ von monatlich 674,08 Euro die Rede.
Eine solche Deutung entspricht auch dem Sinn und Zweck der Mieterhöhungsvereinbarung sowie der Interessenlage beider Parteien bei der Erhöhung einer Miete. Denn diese ist darauf gerichtet, den bestehenden Mietvertrag für die Zukunft hinsichtlich der Miethöhe einvernehmlich zu ändern. Entscheidend für die weitere vertragliche Beziehung ist nicht, um welchen Betrag die ursprüngliche Miete erhöht wurde, sondern wie hoch die künftig zu bezahlende Miete ist. Mit einer Mieterhöhungsvereinbarung wollen die Parteien ab dem vereinbarten Termin die bisherige Miete ändern und auf einen neuen Betrag festsetzen. Dementsprechend umfasst der Bindungswille der Parteien regelmäßig nicht nur die Höhe der Änderung, sondern insbesondere auch den neuen Gesamtbetrag. Eine ab Wirksamwerden der Mieterhöhung eintretende Aufgliederung der einheitlich zu bezahlenden Miete in zwei Teile, nämlich in den auf der Änderungsvereinbarung beruhenden Erhöhungsbetrag und in die bis zu diesem Zeitpunkt vereinbarte, auf dem ursprünglichen Mietvertrag beruhende Miete stellte dagegen eine künstliche und lebensfremde Zersplitterung eines einheitlichen Lebenssachverhalts dar, die dem beschriebenen Sinn und Zweck einer Mieterhöhungsvereinbarung sowie der beidseitigen Interessenlage der Parteien zuwiderliefe.
2. Anwendbarkeit der Regelungen über die „Mietpreisbremse“
Die Regelungen über die Miethöhe bei Mietbeginn in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten (§§ 556d ff. BGB) sind auf die nachträgliche Mieterhöhungsvereinbarung nicht anwendbar. Diese Regelungen gelten sowohl nach ihrem Wortlaut als auch nach ihrem Sinn und Zweck sowie nach dem Willen des Gesetzgebers nur für Vereinbarungen der Miete zu Beginn des Mietverhältnisses. Bereits die amtliche Überschrift des entsprechenden Kapitels 1, Unterkapitel 1a spricht von „Vereinbarungen über die Miethöhe bei Mietbeginn“. Gleiches gilt für die amtliche Überschrift von § 556d BGB („Zulässige Miethöhe bei Mietbeginn“) sowie für die maßgebliche Grundnorm des § 556d Abs. 1 BGB, wonach die Miete bei einer Wohnung, die in einem durch Rechtsverordnung nach Absatz 2 bestimmten Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt liegt, zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete höchstens um 10 Prozent übersteigen darf.
Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte durch diese Vorschrift die zulässige Miete bei Wiedervermietungen von Wohnraum in den betroffenen Gebieten begrenzt werden, um der Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Wohnquartieren entgegenzuwirken und den Anreiz, Bestandsmieter zu verdrängen, zu vermindern, weil große Mietsteigerungen bei Abschluss eines neuen Mietverhältnisses nicht mehr möglich sein würden.
Auch eine analoge Anwendung der Vorschriften auf die Vereinbarung einer Mieterhöhung in einem laufenden Mietverhältnis scheidet aus. Angesichts des eindeutigen gesetzgeberischen Willens, wonach die Vorschriften nur für Vereinbarungen über die Miethöhe bei Vertragsbeginn und gerade nicht für Mieterhöhungen in einem laufenden Mietverhältnis gelten sollen, fehlt es bereits an einer für eine Analogiebildung erforderlichen planwidrigen Regelungslücke.
Für eine analoge Anwendung besteht im Übrigen auch kein Bedarf, da ein Mieter in einem bestehenden Mietverhältnis – anders als bei dem Neuabschluss eines Mietverhältnisses – die begehrte Mieterhöhung sorgfältig prüfen und eine Zustimmung hierzu ohne die Gefahr des Verlusts seiner Mietwohnung ablehnen kann. Ein Mieter ist hierbei zudem vor der Höhe nach unzumutbaren Mieterhöhungsverlangen durch die Grenzen des § 558 Abs. 1 BGB (bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete) und des § 558 Abs. 3 BGB (Kappungsgrenze) geschützt. Selbst wenn sich – wie die Revision geltend macht – ein Mieter bei einem Mieterhöhungsverlangen eines professionellen Vermieters aus Sorge vor einem Verlust der Wohnung zur Zustimmung gedrängt fühlen könnte, ist seine Situation vor diesem Hintergrund nicht mit derjenigen vor Vertragsschluss bei bestehendem Wohnungsbedarf zu vergleichen.
Auswirkungen für die Praxis
Das bedeutet, dass durch eine solche gesetzesgestützte Mieterhöhung nach § 558 BGB eine neue Gesamtmiete vereinbart wird. Das hat zur Konsequenz, dass damit alle vorherigen Mieterhöhungen der Höhe nach vertraglich vereinbart werden. Das gilt zunächst einmal, wie im vorliegenden Fall, für die Neuvertragsmiete und eventuelle Verstöße gegen die Begrenzung der Wiedervermietungsmiete zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ab der Mieterhöhungsvereinbarung. Da für Mietverträge, die bis zum 31.03.2020 abgeschlossen wurden, Rückzahlungsansprüche gemäß § 556g BGB nur für Zahlungen nach der Rüge in Betracht kommen, scheiden solche aus, wenn die Rüge nach der Mieterhöhung erfolgt. Für Mietverträge, die ab dem 01.04.2020 abgeschlossen wurden, kann ein Rückzahlungsanspruch jedoch für die Zeit vom Vertragsschluss bis zur Zustimmung zur Mieterhöhung dann in Betracht kommen, wenn die Rüge innerhalb der ersten 30 Monate nach Mietvertragsabschluss erfolgt.
Bedeutung hat die Entscheidung aber auch für frühere Modernisierungsmieterhöhungen. Wenn diese formell oder materiell fehlerhaft waren, so scheiden Rückforderungsansprüche gemäß § 812 BGB für die Zeit nach der Zustimmung bis zur Erhöhung der Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete aus. Dies hat vor allem Bedeutung für die in der Vergangenheit regelmäßig nicht ausreichend vorgenommene Berücksichtigung von fiktiven Erhaltungskosten. Hier stellt die Zahlung der Erhöhungsbeträge auf die einseitige Erhöhungserklärung noch keine Vertragsänderung dar. Die Zustimmung zu einer später erfolgten Mieterhöhung nach § 558 BGB führt jedoch zu einer wirksamen Vertragsänderung.