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Anmerkung zu:BSG 11. Senat, Urteil vom 04.06.2025 - B 11 AL 2/24 R
Autor:Prof. Dr. Karl-Jürgen Bieback
Erscheinungsdatum:13.11.2025
Quelle:juris Logo
Normen:§ 96 SGB 3, § 67 AFG, § 177 SGB 3, § 97 SGB 3, § 95 SGB 3, § 98 SGB 3, § 104 SGB 3, § 121 BGB, § 324 SGB 3, § 27 SGB 10, § 99 SGB 3, § 323 SGB 3, § 325 SGB 3, § 54 SGG, § 130 SGG
Fundstelle:jurisPR-SozR 23/2025 Anm. 1
Herausgeber:Prof. Dr. Thomas Voelzke, Vizepräsident des BSG a.D.
Jutta Siefert, Ri'inBSG
Zitiervorschlag:Bieback, jurisPR-SozR 23/2025 Anm. 1 Zitiervorschlag

Anzeige des erneuten Arbeitsausfalls bei Beantragung von Kurzarbeitergeld nach vorheriger Nichtzahlung für drei Monate



Orientierungssatz zur Anmerkung

Wird nach einer Unterbrechung der Zahlung von Kurzarbeitergeld von drei Monaten und mehr wieder Kurzarbeitergeld beantragt, muss gemäß § 104 SGB III vorher der erneute Arbeitsausfall gemäß § 99 SGB III angezeigt werden.



A.
Problemstellung
Wird die Zahlung von Kurzarbeitergeld (Kug) drei Monate lang unterbrochen, entsteht dann bei erneutem Arbeitsausfall ein neuer Kug-Leistungsfall, für den alle Leistungsvoraussetzungen vorliegen müssen, damit ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld entstehen kann (§ 104 Abs. 3 SGB III)? Müssen deshalb auch alle Voraussetzungen vorliegen, darunter auch eine neue Anzeige des erneuten Arbeitsausfalls gemäß § 99 SGB III? Ist die erneute Anzeige auch erforderlich, wenn nach drei Monaten Arbeit der erneute Arbeitsausfall noch innerhalb des Zeitrahmens liegt, für den auf die erste Anzeige hin der Anerkennungsbescheid festgesetzt wurde?


B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Der Kläger, Inhaber eines Friseursalons, zeigte für zwei Arbeitnehmerinnen im ersten Jahr der Corona-Pandemie am 23.03.2020 Kurzarbeit an und erhielt am 30.03.2020 einen (Anerkennungs-)Bescheid, dass ab 01.03.2020 die Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld, der vorübergehende Arbeitsausfall (§ 96 SGB III) und die betrieblichen Voraussetzungen (§ 97 SGB III), erfüllt seien; soweit die weiteren sonstigen Anspruchsvoraussetzungen vorlägen, werde Kurzarbeitergeld bewilligt, längstens jedoch bis 28.02.2021. Der Bescheid enthielt standardmäßig den Hinweis: „Sind seit dem letzten Monat, für den Kurzarbeitergeld gewährt wurde, drei Monate verstrichen, so kann Kurzarbeitergeld nur nach erneuter Erstattung einer Anzeige über Arbeitsausfall gewährt werden (§ 104 Abs. 3 SGB III).“ Auf den Antrag des Klägers hin bewilligte die Bundesagentur für Arbeit (BA) am 18.05.2020 Leistungen für März und April 2020.
Danach beantragte der Kläger erst wieder am 02.02.2021 für drei Arbeitnehmerinnen Kurzarbeitergeld für den Monat Dezember 2020 sowie eine Verlängerung der Kurzarbeit um ein Jahr. Nachdem ihn die BA darauf hinwies, es sei eine neue Anzeige nötig, zeigte der Kläger am 08.02.2021 erneute Kurzarbeit des gesamten Betriebs (drei Arbeitnehmerinnen) für den Zeitraum Dezember 2020 bis Dezember 2021 an. Mit drei Bescheiden vom 10.02.2021 hob die Beklagte (1) den Bescheid vom 30.03.2020 ab 01.05.2020 auf, da ab 01.05.2020 nicht mehr kurzgearbeitet worden sei, sie lehnte (2) Kurzarbeitergeld für Dezember 2021 ab, da der Arbeitsausfall nicht rechtzeitig angezeigt worden sei, und sie beschied (3) auf die Anzeige vom 08.02.2021 hin, dass Kurzarbeitergeld könne ab 01.02.2022 längstens bis 31.12.2021 bewilligt werden, wenn die noch nicht nachgewiesenen Voraussetzungen vorlägen.
Widerspruch und Klage gegen diese Bescheide vom Februar 2021 blieben erfolglos (LSG Erfurt, Urt. v. 30.11.2023 - L 10 AL 190/22). Das Landessozialgericht begründete die Ablehnung der Leistung von Kurzarbeitergeld ab 01.12.2020 mit der fehlenden vorherigen Anzeige der Kurzarbeit. Der Kläger habe nichts dazu vorgetragen, dass ihm die rechtzeitige Anzeige nicht möglich gewesen wäre. Dass die Schließung des Betriebs staatlich angeordnet worden sei, ändere daran nichts. Vor dem Landessozialgericht nahm die beklagte BA die Aufhebung des Anerkennungsbescheids vom 30.03.2020 zurück.
Das BSG hat die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts zurückgewiesen.
Die Anfechtungs- und Leistungsklage, gerichtet auf die Zahlung von Kurzarbeitergeld für Dezember 2020, sei unbegründet. Denn es fehle die dafür notwendige rechtzeige Anzeige des Arbeitsausfalls. Auch die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, gerichtet auf die Anerkennung der Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld nach § 99 Abs 3 SGB III für den Zeitraum von Dezember 2020 bis Januar 2021, sei aus dem gleichen Grunde unbegründet.
Ausgangspunkt sei § 104 Abs. 3 SGB III, wonach dann, wenn die Kurzarbeit drei Monaten innerhalb des vom Anerkennungsbescheid (§ 99 SGB III) festgelegten Zeitraums (hier 01.03.2020 - 28.02.2021) unterbrochen worden sei, also wieder gearbeitet wurde, und die Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld vorliegen, eine neue Bezugsdauer beginne. § 104 Abs. 3 SGB III regle an sich nur den Lauf einer neuen Bezugsdauer. Dies wird vom BSG so interpretiert, dass nach den drei Monaten ein neuer Leistungsfall von Kurzarbeitergeld vorliege, für den auch eine neue Anzeige des Arbeitsausfalls notwendig sei. Das gelte auch, wenn wie hier die alte zuerkannte Bezugsdauer an sich noch nicht abgelaufen sei. Begründet werde das aus dem Sinn und Zweck der Norm (1), ihrer Entstehungsgeschichte (2) und der systematischen Stellung der Vorschrift (3):
(1) Schon der Wortlaut verlange für den Beginn einer neuen Bezugsdauer implizit, dass alle Anspruchsvoraussetzungen für eine solche neue Bezugsdauer vorliegen müssten, also auch eine Anzeige des (erneuten) Arbeitsausfalls gemäß § 99 Abs. 1 SGB III.
(2) Sodann folge aus den Gesetzesmaterialien, dass nach Unterbrechung der Kurzarbeit von drei Monaten, also nachdem die Arbeit wieder (voll) aufgenommen worden sei, ein neuer Leistungstatbestand vorliege (Gesetzesbegründung zu den gleichlautenden Vorgängernormen § 67 Abs. 3 AFG, BT-Drs. V/2291, S. 72 und zu § 177 Abs. 3 SGB III, BT-Drs. 13/4941, S. 187). Wenn mit ihm eine neue Kug-Laufzeit anbreche, seien dafür auch eine neue Anzeige und damit auch eine neue Prüfung der Leistungsvoraussetzung (erheblicher Arbeitsausfall und betriebliche Voraussetzungen) notwendig. Nur so werde verhindert, dass aus der zeitweiligen, vorübergehenden Leistung eine Dauerleistung werde. Genauso wie die Erschöpfung der Bezugsdauer beende auch die Unterbrechung der Kurzarbeit von drei Monaten während einer noch laufenden Bezugsfrist den (alten) Leistungsfall.
(3) Gesetzessystematisch unterschieden sich § 104 Abs. 3 SGB III und § 104 Abs. 2 SGB III. § 104 Abs. 2 SGB III verlängere nach der Unterbrechung der Zahlung von Kurzarbeitergeld von einem zusammenhängenden Monat die Bezugsdauer um diese Unterbrechungszeit, verlange aber nicht das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen. § 104 Abs. 3 SGB III habe nach einem viel größeren Zeitraum der Unterbrechung auch höhere Anforderungen, eben dass die Anspruchsvoraussetzungen erneut vorliegen müssten.
Eine interpretatorische teleologische Reduktion des § 104 Abs. 3 SGB III für die flächendeckenden hoheitlichen Corona-Maßnahmen lehnt das BSG ab. Der Gesetzgeber habe viele Vorschriften im Kug-Recht wegen der Covid-19-Pandemie geändert, nicht aber die Verfahrensvorschriften zur Anzeige der Kurzarbeit und zum Antrag von Kurzarbeitergeld. Das habe das BSG bereits zur strengen Fristenregelung für den Antrag auf Auszahlung des Kurzarbeitergeldes gemäß § 325 Abs. 3 SGB III entschieden (BSG, Urt. v. 05.06.2024 - B 11 AL 3/23 R Rn. 25).
Die Schließungsanordnung wegen der Pandemie sei ein unabwendbares Ereignis. Dann könne die Anzeige zwar auch rückwirkend zugelassen werden, wenn sie „unverzüglich“ erstattet werde (§ 99 Abs. 2 SGB III). Das heißt, es müsse ohne „schuldhaftes Zögern“ gehandelt werden (Definition in § 121 BGB). Daran fehle es aber. Denn der neue Leistungsfall sei dem Kläger schon im Dezember bekannt gewesen (Kontaktaufnahme zur BA). Obwohl im Bescheid vom 30.03.2020 auf den Unterbrechungsfall und die notwendige neue Anzeige hingewiesen worden sei, sei nichts an Gründen vorgetragen und ersichtlich, weshalb die Anzeige dann erst im Februar erfolgte. Deshalb gebe es auch keine Anhaltspunkte für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder eine Nachsichtgewährung.
Es gebe keinen besonderen Vertrauensschutz dahin, eine neue Anzeige müsse nicht erstattet werden. Denn der Anerkennungsbescheid der BA vom 30.03.2020 habe ausdrücklich auf die gesetzlichen Konsequenzen hingewiesen, dass dann, wenn drei Monate kein Kurzarbeitergeld gezahlt worden sei, eine neue Anzeige gestellt werden müsse.


C.
Kontext der Entscheidung
Der massenhafte Einsatz von Kurzarbeitergeld während der Corona-Pandemie 2020-2022 hat in letzter Instanz zu einigen Entscheidungen des BSG geführt. Einmal klärten zwei Entscheidungen vom 12.03.2025, dass auch bei kleinen Arbeitseinheiten eine „Betriebsabteilung“ (§ 97 Abs. 2 SGB III) in Deutschland vorliegt (Beschäftigte einer ausländischen Fluggesellschaften auf deutschen Flugbasen: BSG, Urt. v. 12.03.2025 - B 11 AL 1/24 R m. Anm. Bieback, jurisPR-SozR 19/2025 Anm. 1 und ein Gebietsvertreter in Deutschland als Beschäftigter einer ausländischen Gesellschaft: BSG, Urt. v. 12.03.2025 - B 11 AL 1/24 R m. Anm. Körtek, jurisPR-SozR 21/2025 Anm. 1). Sodann sei eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich, wenn der Antrag auf Zahlung des Kurzarbeitergeldes auch nach der („Ausschluss“-)Frist von drei Monaten nach Ablauf des Monats, in dem der Arbeitsausfall liege (§ 325 Abs. 3 SGB III), gestellt werde (BSG, Urt. v. 05.06.2024 - B 11 AL 1/23 R m. Anm. Bieback, jurisPR-SozR 1/2025 Anm. 2).
1. Jetzt geht es um den ersten Schritt im Kug-Verfahren: Muss eine erneute Anzeige des Arbeitsausfalls erfolgen, wenn innerhalb des Bewilligungszeitraums mindestens drei Monate lang (hier waren es 7 Monate) kein Kurzarbeitergeld bezogen wurde?
Das BSG stellt mit diesem Urteil eine an sich lange unstreitige, kaum diskutierte (vgl. statt vieler Bieback in: BeckOGK SGB III, § 104 Rn. 36) Auslegung des § 104 Abs. 3 SGB III i.V.m. § 99 SGB III, eine neue Anzeige sei notwendig, auf solide Füße. Denn in § 104 Abs. 3 SGB III steht nur, dass als Folge einer dreimonatigen Unterbrechung des Bezugs von Kurzarbeitergeld „eine neue Bezugsdauer“ beginne – mehr nicht. Kann das heißen, der alte Anerkennungsbescheid bleibt wirksam, es läuft nur ein neuer Kug-Bezugszeitraum? Das verneint das BSG. Vielmehr folgt auf der Basis einer sehr sorgfältigen historischen, systematischen und teleologischen Auslegung, dass § 104 Abs. 3 SGB III davon ausgeht, dass auch ein „neuer Leistungsfall“ vorliegt, erneut alle Voraussetzungen des Kurzarbeitergeldes, nicht nur die materiellen (§§ 95-98 SGB III), sondern auch die formalen, verfahrensrechtlichen Voraussetzungen vorliegen müssen. Das gilt dann auch für die (erneute) Anzeige des Arbeitsausfalls (§ 99 SGB III).
Vor allem die funktionalen Argumente des BSG sind zu unterstreichen. Auf die fristgerechte Anzeige kann nicht verzichtet werden, denn sie hat eine sehr wichtige Funktion: Sie soll einmal eine tatsächliche Überprüfung und rechtliche Prüfung durch die BA ermöglichen, ob die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld vorliegen. Wenn drei Monate ohne Zahlung von Kurzarbeitergeld wieder gearbeitet wurde, indiziert das die Leistungsfähigkeit des Betriebs, der Kurzarbeit nicht mehr nötig hat. Zudem soll die erneute Anzeige die BA befähigen, die Kurzarbeitenden evtl. (wieder) in andere zumutbare Zweitarbeitsverhältnisse zu vermitteln (vgl. § 98 Abs. 4 Satz 2 SGB III, dazu schon BSG, Urt. v. 14.02.1989 - 7 RAr 18/87 Rn. 29). Zumindest für dieses zweite Ziel reicht die allgemeine Kenntnis der BA von der landesrechtlichen Anordnung, Friseursalons müssten schließen, nicht aus (zur Anordnung die genauen Angaben in SG Nordhausen, Urt. v. 11.01.2022 - S 18 AL 660/21 Rn. 29; LSG Erfurt, Urt. v. 30.11.2023 - L 10 AL 190/22 Rn. 29). Und beide Ziele stehen einer „teleologischen Reduktion“ in der Interpretation des § 104 Abs. 3 SGB III entgegen, die Anzeige bei einer allgemeinen behördlichen Schließung könne auch später erfolgen und rückwirken. Für welche Umstände soll eine solche Ausnahme gelten? So braucht nicht jeder Betrieb, den eine Schließungsanordnung trifft, auch Kurzarbeitergeld, z.B. nicht, wenn er allgemein Urlaub einführt oder Mehrarbeitsstunden „abfeiert“ etc.
2. Nur kurz konnte das BSG die Fragen behandeln, ob es rechtliche Abhilfemöglichkeiten gibt, welche die Anzeige vom 02.02.2021 auf den Beginn des Arbeitsausfalls im Dezember 2020 rückwirken lässt. Wenn der Arbeitsausfall auf einem unabwendbaren Ereignis beruht, kann die Anzeige für den Kalendermonat des Ereignisses als erstattet gelten, wenn sie – obwohl verspätet – unverzüglich erstattet worden ist (§ 99 Abs. 2 Satz 2 SGB III). Die Schließungsanordnung war ein unabwendbares Ereignis. Von einer unverzüglichen Anzeigeerstattung als weiterer Voraussetzung für eine Rückwirkung ist hier allerdings nicht auszugehen. Unverzüglich bedeutet nach der maßgeblichen grundsätzlichen Definition des § 121 BGB „ohne schuldhaftes Zögern“ (BSG unter Verweis auf Müller-Grune in: jurisPK-SGB III, 3. Aufl. 2023, § 99 Rn. 41, Stand 26.11.2024). Für ein schuldloses Verzögern hatte der Kläger in den Tatsacheninstanzen nichts vorgetragen.
Schuldloses Nichthandeln setzen auch die beiden anderen Abhilfemöglichkeiten voraus: Nachsichtgewährung und Widereinsetzung in den vorigen Stand. Beide wurden für Ansprüche während eines „Lockdowns“ in der Corona-Zeit intensiver geprüft. Das BSG und die Vorinstanzen weisen dazu auf eine ganze Reihe zweitinstanzlicher Entscheidungen hin (u.a. LSG Darmstadt, Urt. v. 16.09.2022 - L 7 AL 193/21 Rn. 34; LSG Hamburg, Urt. v. 18.01.2023 - L 2 AL 17/22 Rn. 33). Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X hat das BSG im Falle einer verspäteten Antragsstellung auf Kug-Leistung trotz der „Ausschlussfrist“ von drei Kalendermonaten in § 324 Abs. 3 SGB III bejaht (BSG, Urt. v. 05.06.2024 - B 11 AL 3/23 R Rn. 29 ff., 43). Ob das auch bei der Anzeige des Arbeitsausfalls überhaupt möglich ist, ist umstritten (ablehnend LSG Essen, Urt. v. 13.05.2024 - L 20 AL 201/22 Rn. 37 ff; Petzold in: Hauck/Noftz, 3. Ergänzungslieferung 2025, § 99 SGB III Rn. 15; eher bejahend Bieback in: BeckOGK, SGB III, § 99 Rn. 44 ff., Stand Mai 2025). Ähnlich umstritten ist die Zulässigkeit des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (dazu noch LSG Stuttgart, Urt. v. 10.02.2022 - L 3 AL 1175/21 Rn. 36).


D.
Auswirkungen für die Praxis
Das Urteil betont, dass das Verfahren der Bewilligung von Kurzarbeitergeld zweigeteilt ist. Für jeden Abschnitt gelten besondere Verfahrensvorschriften. Grundsätzlich muss im ersten Verfahrensteil die Anzeige des Arbeitsausfalls in dem Monat erfolgen, für den dann im zweiten Abschnitt Kurzarbeitergeld beantragt werden wird.
Nicht entschieden wurde, ob dieser enge zeitliche Zusammenhang von Anzeige und Anspruch im ersten Abschnitt durch die Instrumente des Verfahrensrechts gemildert werden kann, welche die Geltung von Fristen überwinden können (Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X, sozialrechtlicher Herstellungsanspruch, Nachsichtgewährung, bei Arbeitsausfall auf Grund eines unvorhersehbaren Ereignisses Abhilfe gemäß § 99 Abs. 2 Satz 2 SGB III). Immer setzen diese Instrumente aber voraus, dass die Anzeigensteller kein Verschulden an der Versäumung der Verfahrenshandlung trifft.


E.
Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung
Wie in den meisten neueren Urteilen zum Kurzarbeitergeld betont das BSG zum wiederholten Male, dass, wenn die BA auf der ersten Stufe des Verfahrens den Erlass eines Anerkennungsbescheids abgelehnt hat, dagegen mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Alt. 2 SGG) vorzugehen ist. Lehnt die BA auf der zweiten Stufe des Verfahrens die Leistung von Kurzarbeitergeld ab (§§ 323, 325 SGB III), ist eine Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) geboten. Sie richtet sich auf ein Grundurteil (§ 130 Abs. 1 Satz 1 SGG), denn es geht (noch) nicht um die einzelnen, genauen Ansprüche der Beschäftigten.



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