Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die Klägerin ist Trägerin eines reinen Belegkrankenhauses für Augenheilkunde mit 47 Betten. Schon die Basisnotfallversorgung kann dort nicht gewährleistet werden, da es weder Fachabteilungen für Chirurgie noch für Innere Medizin gibt. Dieses Krankenhaus wandte sich nunmehr gegen den Beschluss des GBA, insbesondere die Regelungen des § 1 Abs. 1 Satz 3 und § 3 Abs. 2 Satz 1.
Die Normfeststellungsklage wurde vom LSG Berlin-Brandenburg als zulässig, aber unbegründet abgewiesen. Die Notfallstufen-Regelungen seien verfassungsrechtlich unbedenklich.
Das BSG hat auf die Revision der Klägerin hin § 3 Abs. 2 Satz 1 Notfallstufen-Regelung für verfassungswidrig erklärt. Darüber hinaus hat das BSG umfangreiche Ausführungen zur Ermächtigungsgrundlage und zum möglichen Inhalt der Notfallstufen-Regelung gemacht.
Die erhobene Normenfeststellungsklage sei statthaft. Es sei dem Krankenhaus nicht zuzumuten, die von ihm behauptete Verfassungswidrigkeit der Notfallstufen-Regelung in einzelnen Folgeverfahren, unter anderem im Zusammenhang mit Schiedsstellenverfahren wegen des Budgets und möglicherweise auch vielen einzelnen Vergütungsstreitigkeiten geltend zu machen. Die Zulässigkeit einer Normenfeststellungsklage gegen den GBA ergebe sich unter anderem durch § 29 Abs. 4 SGG, der derartige Verfahren zentral dem LSG Berlin-Brandenburg zuweise.
Die Vereinbarung von Zu- und Abschlägen wegen der Notfallstufenversorgung sei von Gesetzes wegen durch ein mehrstufiges Verfahren geregelt. Die hier streitige Notfallstufen-Regelung lege nur die inhaltlichen Anforderungen fest, die ein Krankenhaus erfüllen müsse, um eine Notfallstufe zu erhalten. Die Folgen ergeben sich dann im Rahmen der jeweiligen Budgetvereinbarungen. Nach § 9 Abs. 1a Nr. 5 KHEntgG seien zunächst auf Bundesebene Zu- und Abschläge für eine Teilnahme oder Nichtteilnahme an der Notfallversorgung zu vereinbaren. Dann seien diese Grundsätze anzuwenden im Rahmen der jeweils einzelnen Budgetvereinbarung für das einzelne Krankenhaus. In diesen Budgetvereinbarungen sei dann wiederum möglicherweise ein Abschlag auf jede einzelne Rechnung vorzusehen. Dieses mehrstufige und langwierige Verfahren sei dem klagenden Krankenhaus nicht zuzumuten, zumal in diesem Fall keinerlei Tatsachenfragen streitig seien und es immer nur um eine Rechtsfrage gehe.
Soweit sich die Klägerin gegen § 1 Abs. 1 Satz 3 Notfallstufen-Regelung gewendet habe, sei die Klage unbegründet. Die Norm lautet: „Bei einer Nichtbeteiligung an der Notfallversorgung sind verbindliche Abschläge zu erheben.“ Es handle sich dabei jedoch nicht um eine Regelung im Sinne einer Rechtsnorm, sondern nur um einen Programmsatz, der in deklaratorischer Art und Weise die gesetzgeberische Absicht wiedergebe.
§ 136c Abs. 4 SGB V ermächtige den GBA alleine zur Regelung eines gestuften Systems von Notfallstrukturen. Die möglichen Sanktionen seien jedoch – abweichend von § 137 Abs. 1 SGB V – abschließend in § 9 Abs. 1a Nr. 5 KHEntgG geregelt. Die Notfallstufen-Regelungen dienten allein dazu, bestehende Strukturen der Krankenhäuser in einem Stufensystem wertend zu beschreiben. In der Folge hätten dann die Vertragsparteien auf Bundesebene die Höhe und die nähere Ausgestaltung der Zu- und Abschläge zu vereinbaren. Auch aus den tragenden Gründen ergebe sich, dass in § 1 Abs. 1 Satz 3 Notfallstufen-Regelung keine eigenständige Regelung über zu erhebende Abschläge getroffen werden solle. So laute auch die Überschrift des § 1 „Ziel der Regelung“ und betreffe nicht den Gegenstand (der in § 2 geregelt sei).
Allerdings sei § 3 Abs. 2 Satz 1 Notfallstufen-Regelung nichtig. Die Norm lautet: „Sofern ein Krankenhaus keiner der in Absatz 1 beschriebenen Stufen zuzuordnen ist und darüber hinaus keine der Voraussetzungen der Module in § 4 erfüllt, nimmt es nicht an dem gestuften System von Notfallstrukturen, nach Maßgabe dieser Regelung im entgeltrechtlichen Sinne, teil.“
Zwar sei § 136c Abs. 4 SGB V von der Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 19a GG gedeckt. Auf Bundesebene sei nicht in die Planungshoheit der Länder eingegriffen worden. Es seien nur vergütungsrechtliche Folgen geregelt worden. Dies sei allein eine finanzielle Frage. Allein die Tatsache, dass es mittelbar auch zu Folgen für die GKV komme, bedeute noch nicht, dass diese Regelung auch die Gesetzgebungskompetenz des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG für die Sozialversicherung umfasse. Denn die Regelung bezwecke vielmehr eine finanzielle Unterstützung für die Vorhaltung von Strukturen. Der entgeltliche Charakter der Regelung stehe in ihrem Zentrum. Zudem sei zwar die Regelung im SGB V verortet, das System von Notfallstrukturen gelte jedoch für alle behandelten Patienten. Zudem ordne die Norm selbst für Krankenhäuser weder Vorgaben noch Rechtsfolgen an, sondern beschränke den Anwendungsbereich ausschließlich auf den Regelungsauftrag an den GBA. Es solle ein gestuftes System von Notfallstrukturen nicht neu geschaffen werden, sondern regelungstechnisch das von der gesetzlichen Krankenversicherung unabhängig bestehende Krankenhaussystem in verschiedene Stufen eingeteilt werden. Die preisrechtliche Ausrichtung der Vorschrift zeige sich auch an den weiteren Regelungen, die seinerzeit in Kraft getreten seien. Denn die Zu- und Abschläge hätten ursprünglich bei der Berechnung der Landesbasisfallwerte berücksichtigt werden sollen. Daher sei der Gesetzgeber jedenfalls anfänglich von einem sich selbst finanzierenden Zu- und Abschlagssystem ausgegangen. In der Folge seien ebenfalls entsprechende Anpassungen erfolgt.
Der Normsetzungsauftrag an den GBA zur verbindlichen Regelung sei mit höherrangigem Recht vereinbar. Der GBA sei hierzu „noch hinreichend“ zur Normsetzung legitimiert. Der Gesetzgeber müsse nicht alle Detailregelungen selbst treffen. Allerdings entspreche es der ständigen Rechtsprechung des BSG, dass der GBA zur Normsetzung in der GKV befugt sei. Es komme verfassungsrechtlich nicht auf die Form der Legitimation an, sondern auf das Erreichen eines ausreichenden Legitimationsniveaus. Es müsse insoweit eine ausreichende gesetzliche Anleitung vorliegen. Gegenstand der Regelung des § 136c Abs. 4 SGB V sei nicht die GKV. Hier werde der GBA nicht im Bereich seiner Kernkompetenz zu Fragen der Methodenbewertung oder der Qualitätssicherung beauftragt, sondern mit der Schaffung eines Systems von Notfallstrukturen, das seinen bisherigen Tätigkeitsbereich deutlich überschritten habe. Die Existenz des GBA beruhe auf einem Organisationsakt des parlamentarischen Gesetzgebers. Die Organisationsentscheidung beinhaltete ausreichende institutionelle Sicherungen zur Gewährleistung einer gemeinwohlorientierten und von Gleichachtung der Betroffenen geprägten Aufgabenwahrnehmung. Die Rückbindung der Normsetzung an den Gesetzgeber sei sichergestellt. Zwar hätte die Notfallstufen-Regelung zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens nicht der Genehmigung durch das BMG bedurft. Dies habe sich jedoch in der Folge geändert, und das BMG habe durch die Genehmigung der späteren Änderungen implizit auch die ursprüngliche Fassung mitgenehmigt. Es sei daher anzunehmen, dass es keine grundsätzlichen Bedenken gegen den initialen Beschluss zu der Notfallstufen-Regelung gegeben habe. Im Übrigen gälten die allgemeinen Aufsichtsrechte des BMG über dem GBA.
Der Gesetzgeber habe auch den GBA mit der Schaffung eines Systems von Notfallstrukturen beauftragen dürfen. Die von der Regelung betroffenen Krankenkassen seien Leistungsträger und Vergütungsschuldner für den ganz überwiegenden Teil der Patienten. Zwar finde damit nicht jegliche Form der Kostenträgerschaft in der Organisation des GBA ihren Widerklang, allerdings liege dessen Beauftragung jedoch noch sehr nah am Kernbereich des SGB V. Zwar stehe die Qualitätssicherung nicht im Zentrum des zu erschaffenden Systems, eine gewisse Steuerungswirkung könne diesem jedoch nicht abgesprochen werden. Es müsse den Krankenhäusern daran gelegen sein, teilzunehmen und eine möglichst hohe Stufe zu erreichen, um in den Genuss von Zuschlägen zu kommen. Zudem habe der Gesetzgeber den GBA auch hinreichend konkret durch die Normsetzung angeleitet. Aus der Zusammenschau von § 136c Abs. 4 SGB V mit den Folgeregelungen ergebe sich, dass das festzulegende System sich auf Patienten beziehen müsse, bei denen eine unmittelbare stationäre Versorgung notwendig sei. Mit dem Begriff der Notfallversorgung habe der Gesetzgeber die im Notfall erforderliche stationäre Versorgung von elektiven Versorgungen im Krankenhaus abgegrenzt. Zur Notfallversorgung gehörten daher alle diagnostischen und therapeutischen Leistungen, die zur Vermeidung von Gesundheitsschäden ohne zeitliche Verzögerung notwendig und nur im Krankenhaus erbringbar seien. Mit dem Begriff der Notfallstrukturen habe der Gesetzgeber auf die in den Krankenhäusern bestehenden Unterschiede bei den vorgehaltenen personellen und technischen Mitteln zur Notfallversorgung gezielt. Denn im Grundsatz seien alle Krankenhäuser im Rahmen ihrer Möglichkeit zur Versorgung von Notfällen verpflichtet. So sehe § 17b Abs. 1a KHEntgG vor, dass die Notfallversorgung zu den allgemeinen Krankenhausleistungen gehöre. Die Krankenhausgesetze einiger Bundesländer schrieben die Notfallversorgung für jedes Plankrankenhaus sogar explizit vor. Auch in diesem Fall hielten jedoch nicht alle Krankenhäuser die personelle und technische Ausstattung vor, die zur umfassenden Versorgung eines breiten Spektrums medizinischer Notfälle notwendig sei. Daher habe der Gesetzgeber den GBA beauftragt, mittels eines Stufensystems zu definieren, welche Strukturen in welchem Umfang im Krankenhaus für eine solche Qualifizierte Notfallversorgung erforderlich seien. Deswegen habe der Gesetzgeber die Unterscheidung zwischen der allgemeinen Notfallversorgung und besonderen Vorhaltungen für die Notfallversorgung deutlich zum Ausdruck gebracht. Dieser Zweck sei auch hinreichend bestimmt. Ausgangspunkt für den Regelungsauftrag sei § 17b Abs. 1 KHG, wonach das pauschalierende Vergütungssystem grundsätzlich alle Komplexitäten und Komorbiditäten abzubilden habe und die allgemeinen Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall grundsätzlich vollständig abgebildet werden. § 17b Abs. 1 Satz 4 KHG a.F. habe vorgesehen, dass für bestimmte Krankenhäuser Abschläge zu vereinbaren seien, unter anderem für Krankenhäuser, die nicht an der stationären Notfallversorgung teilnähmen. Auch diese Norm sei davon ausgegangen, dass jedes Krankenhaus an der Notfallversorgung beteiligt sei. Abschläge seien nur vorgesehen für den Fall, dass ein Krankenhaus nicht einmal die allgemeine Notfallversorgung leiste.
Mit der Festlegung des Stufensystems sollte erreicht werden, dass Krankenhäuser mit einem umfassenderen Angebot an Notfallleistungen bessergestellt werden als Krankenhäuser mit einem geringeren Umfang. Der Gesetzgeber wollte insbesondere die bis dahin nicht vereinbarten Voraussetzungen für Zuschläge für eine besonders qualifizierte Notfallversorgung neu regeln. Die Vereinbarung von Abschlägen für die Nichtteilnahme an der Notfallversorgung sollte daneben ausdrücklich beibehalten werden. Daher sollte das vom GBA zu entwickelnde Notfallstufensystem sowohl zu- als auch abschlagswürdige Stufen enthalten.
Der Gesetzgeber habe aber nicht die Absicht gehabt, den GBA mit der Festlegung neuer und weiterreichender Vorgaben zu beauftragen. Als Vorgabe für den GBA sei vielmehr aus der Begründung abzuleiten, dass die festzulegenden Stufen gegenüber einer grundsätzlich von allen Krankenhäusern zu leistenden allgemeinen Notfallversorgung ein Mehr oder ein Weniger darstellen müssten. Krankenhäuser, die nur eine allgemeine Notfallversorgung anbieten, würden mit der Vergütung nach § 17b Abs. 1 KHG bereits kostengerecht vergütet. Hierfür spreche auch die Struktur des Fallpauschalensystems. Denn die Zu- und Abschläge seien eine Ausnahme vom pauschalierenden Grundsatz. Da die Zu- und Abschläge sich nicht lediglich auf die Behandlungsfälle mit Notfallversorgung, sondern auf sämtliche Rechnungen des Krankenhauses auswirkten, wäre die von den Vertragsparteien vereinbarte allgemeine Fallpauschale anderenfalls in jedem einzelnen Fall „falsch“ und müsste nach oben oder nach unten korrigiert werden. Dies widerspräche jedoch dem Grundverständnis eines pauschalierenden Systems.
Nach § 136c Abs. 1 Satz 1 SGB V habe der Beklagte beim Beschluss über ein gestuftes System von Notfallstrukturen auch festzulegen, unter welchen Voraussetzungen ein Krankenhaus an der Notfallversorgung nicht ausreichend im Sinne der beschriebenen allgemeinen Notfallversorgung teilnehme. Sofern nur verminderte Aufwendungen für die Notfallversorgung zu einem Abschlag führen könnten, sei es erforderlich, die Umstände festzulegen, unter denen ein Krankenhaus nicht einmal die allgemeine Notfallversorgung leiste.
Diesen Normsetzungsauftrag des Gesetzgebers habe der GBA nicht hinreichend umgesetzt. Denn der GBA habe nur festgelegt, dass ein Krankenhaus nicht an der Notfallversorgung teilnehme, wenn es nicht die Voraussetzungen einer Stufe oder eines Moduls erfülle. Daher habe die GBA die Nichtteilnahme an der Notfallversorgung lediglich als Gegensatz zur Teilnahme nach Maßgabe der entsprechenden Abschnitte festgesetzt. An einer Notfallversorgung könne ein Krankenhaus daher nur teilnehmen, wenn es die Voraussetzungen einer der Stufen oder eines der Module erfülle. Ansonsten sei ein Abschlag zu vereinbaren. Insgesamt sei daher die Nichtteilnahme an dem gestuften System gleichbedeutend mit einer Nichtteilnahme des Krankenhauses an der Notfallversorgung. Auch § 3 Abs. 2 Satz 2 Notfallstufen-Regelung gehe davon aus, dass es nur die Teilnahme am gestuften System oder eine Nichtteilnahme am gestuften System gebe; im ersten Fall seien Zuschläge zu vereinbaren, im zweiten Fall Abschläge. Diese Regelung erfülle den Auftrag des Gesetzgebers, eine Stufe an der Nichtteilnahme an der Notfallversorgung festzulegen, gerade nicht. Denn die Stufe für die Nichtteilnahme soll den verminderten Aufwand für die Nichtvorhaltung von Notfallversorgung abbilden. Das vom GBA beschlossene System bilde dagegen nur den erhöhten Aufwand für die Vorhaltung von Strukturen für eine umfassende Notfallversorgung ab. Insbesondere sei nicht bestimmt, ab wann die Vorhaltung eines Krankenhauses auch für die allgemeine Notfallversorgung nicht mehr ausreichend sei. Es mag dann an einem erhöhten Aufwand für die von den Krankenhäusern geleistete Basisnotfallversorgung fehlen. Ein Vergütungszuschlag sei insoweit nicht erforderlich. Allerdings hätten diese Krankenhäuser auch nicht notwendigerweise einen gegenüber der im Fallpauschalensystem berücksichtigten Notfallversorgung geringeren Aufwand, der Grund für einen Abschlag wäre.
Der GBA habe daher ausdrücklich festzulegen, ab wann ein Krankenhaus sich auch an der allgemeinen Notfallversorgung nicht beteilige. Hier sei dem GBA ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt. Das BSG dürfe die Entscheidung des GBA nicht vorwegnehmen. Allerdings dürften die Anforderungen an die Teilnahme an der allgemeinen Notfallversorgung nicht überspannt werden.
Kontext der Entscheidung
1. Im allgemeinen Verständnis ist die Notfallversorgung eine der Hauptaufgaben von Krankenhäusern. Die meisten Landeskrankenhausgesetze sehen vor, dass jedes Krankenhaus eine Notfallversorgung anbieten müsse – allerdings nicht, in welchem Umfang.
In der Vergangenheit waren relativ geringe Voraussetzungen an die Notfallversorgung gestellt worden. Dies reichte aus Sicht des Gesetzgebers nicht mehr aus, weswegen § 136c Abs. 4 SGB V der GBA beauftragt wurde, ein System von Notfallversorgungsstufen aufzustellen.
Der entsprechende Beschluss sieht nunmehr vor, dass Krankenhäuser entweder die Basisnotfallversorgung, die erweiterte Notfallversorgung oder die umfassende Notfallversorgung anbieten können. Hinzu kommt spezielle Notfallversorgung für Sonderbereiche wie z.B. die Versorgung bei Schlaganfällen, Herzinfarkten oder Traumata.
Die Erfüllung der Vorgaben einer Notfallstufe hängt primär davon ab, welche Fachgebiete in einem Krankenhaus vorhanden sind und wie diese einzelnen Fachgebiete besetzt sind. Daneben müssen gewisse technische Anforderungen eingehalten werden. Grundsätzlich gilt: Die Basisnotfallversorgung kann nur erfüllt werden, wenn Innere Medizin und Chirurgie vorliegen. Je mehr Fachgebiete in einem Haus vorhanden sind, desto höher ist die Stufe. Fachkliniken sind nach diesem Modell fast immer von der Notfallversorgung ausgeschlossen, da sie im Regelfall nicht die notwendige Zahl an Fachgebieten und/oder -personal vorhalten können.
Vor diesem Hintergrund wurde die Notfallstufen-Regelung schon früh kritisiert, denn insbesondere die in der Folge getroffene Vereinbarung zu Zu- und Abschlägen sah vor, dass ein Krankenhaus zwar für die Erfüllung der Notfallstufen im Rahmen der Budgetvereinbarung einen Zuschlag erhielt, jedoch im Rahmen der Vereinbarung Abschläge vorzusehen seien, wenn ein Krankenhaus die Notfallstufen nicht erfüllt – aus welchem Grunde auch immer (vgl. Dettling/Gerlach in: BeckOK KHR, § 136c SGB V Rn. 31). Dies führte in der Folge zu einigen Streitigkeiten, insbesondere zur Frage, ob Anforderungen erfüllt werden, z.B. ob Dienstvereinbarungen zur Vereinbarung von Rufbereitschaft ausreichen, um eine Verfügbarkeit der Fachärzte sicherzustellen. Die Erfüllung der Vorgaben der Notfallstufen ist vom Medizinischen Dienst (MD) auf Anforderung der Kostenträger zu prüfen. Häufig ist es jedoch so, dass zwar der MD annimmt, dass Anforderungen nicht erfüllt sind, auf die Stellungnahme des Krankenhauses hin die Kostenträger jedoch von der Erfüllung ausgehen (zum Prüfverfahren vgl. Becker/Heitzig/Doppmeier, KrV 2021, 217).
Der GBA hat jedoch in seinem Beschluss nur vorgesehen, dass Krankenhäuser an der Notfallversorgung teilnehmen, wenn sie zumindest die Basisnotfallstufe erfüllen. Da dort die Messlatte schon relativ hoch liegt, gibt es insbesondere Fachkrankenhäuser, die diese Anforderungen gar nicht erfüllen können (z.B. weil sie nicht über die entsprechenden Leistungsbereiche verfügen). Auch diese Krankenhäuser bieten jedoch eine ärztliche Versorgung im Sinne einer Notfallversorgung rund um die Uhr an. Sie dann jedoch hierfür zu „bestrafen“, wenn sie Anforderungen gar nicht erfüllen können, erscheint unangemessen. Dies hat auch das BSG bewogen, hier dem GBA noch einmal Hausaufgaben zu erteilen: Der GBA muss ausdrücklich positiv festlegen, welche Vorgaben für die allgemeine Notfallversorgung unterhalb der Basisnotfallstufe zu erfüllen sind. Erfolgt dies nicht, darf dem einzelnen Krankenhaus kein Abschlag aufgezwungen werden.
Bedeutung hat die Entscheidung auch für Krankenhäuser mit mehreren Standorten, die – z.B. wegen der Aufteilung der Leistungsgruppen auf die Standorte – nicht überall die Anforderungen der Notfallstufen-Regelung erfüllen, selbst wenn überall eine „Grund-Notfallversorgung“ angeboten wird (vgl. Dettling/Gerlach in: BeckOK KHR, § 136c SGB V Rn. 47).
Dass diese Abschläge sich auch bei einem kleinen Krankenhaus schon summieren können, zeigt sich im vorliegenden Fall: Das Haus der Klägerin hat 47 Betten, während der Laufzeit des Verfahrens drohten jedoch diesem Krankenhaus schon Abschläge i.H.v. 1,3 Mio. Euro. Die Frage der Erfüllung oder Nichterfüllung von Notfallstufen war daher für viele Krankenhäuser von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung (vgl. auch Brucklacher, MedR 2023, 248, 250).
Zugleich war die Alternative einer Anerkennung als „Spezialversorger“ kaum praktikabel, denn nach der Rechtsprechung reicht die Ausweisung als Fachklinik alleine nicht aus (vgl. VGH München, Beschl. v. 20.02.2023 - 12 ZB 22.2668; dazu auch BVerfG, Beschl. v. 25.03.2024 - 1 BvR 594/23; VG Karlsruhe, Urt. v. 12.12.2023 - 2 K 2547/22).
2. Im Rahmen des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) wurde in der Anlage 1 zu § 135e SGB V auch die Leistungsgruppe Notfallmedizin eingeführt. Diese Leistungsgruppe stellte von Anfang insbesondere das InEK vor Probleme, da die Notfallmedizin selbst üblicherweise nicht eine entlassende Fachabteilung ist, sondern meistens nur der „Eingang“ in das Krankenhaus – und die Patienten dann später von einer Abteilung entlassen werden. Zudem stellten sich erhebliche Abgrenzungsfragen zwischen der Leistungsgruppe Notfallmedizin und den Notfallstufen. Im Ergebnis ist nunmehr im Entwurf des Krankenhausreformanpassungsgesetzes (KHAG) vorgesehen, dass diese Leistungsgruppe gestrichen wird.
3. Das BSG bestätigte noch einmal das Recht der Krankenhausträger, Vorgaben des GBA allgemein im Rahmen einer Normfeststellungsklage gerichtlich überprüfen zu lassen. Auch dies dauert aber – wie hier erkennbar – mehrere Jahre. Und nicht jeder Kläger führt das Verfahren durch bis zum Ende (vgl. das Parallelverfahren LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 22.06.2022 - L 9 KR 170 /19 KL; dazu Schifferdecker, NZS 2023, 269).
Allerdings gewährt das BSG dem GBA einen erheblichen Spielraum und hält die getroffenen Regelungen für „noch“ vertretbar. Nur selten wird aus der gelben eine rote Karte – hier liegt ein derartiger Fall vor.
Die Frage der Legitimation des GBA wird vom BSG ebenfalls zurückhaltend beantwortet. Auch hier hält das BSG sie für „noch hinreichend“ eindeutig. Vielleicht hat der Gesetzgeber mit Blick auf diese Kritik den Leistungsgruppenausschuss nach § 135e SGB V anders gestaltet (mit starker Einbindung der Bundesländer) und ihm nur ein Vorschlagsrecht eingeräumt, d.h. es bedarf immer noch einer Rechtsverordnung des BMG mit Zustimmung des Bundesrates.