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Anmerkung zu:LG Lüneburg 3. Zivilkammer, Beschluss vom 23.09.2024 - 3 S 13/24
Autor:Wolfgang Dötsch, RiOLG
Erscheinungsdatum:17.07.2025
Quelle:juris Logo
Normen:§ 139 BGB, § 28 WoEigG, § 21 WoEigG, § 16 WoEigG, § 47 WoEigG, § 242 BGB
Fundstelle:jurisPR-MietR 14/2025 Anm. 1
Herausgeber:Norbert Eisenschmid, RA
Zitiervorschlag:Dötsch, jurisPR-MietR 14/2025 Anm. 1 Zitiervorschlag

Keine abstrakte Fälligkeitsregelung für die Zukunft gegen sog. Altregelung?



Leitsatz

Es besteht keine Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer, die vorhandene Fälligkeitsregelung in der TE (Teilungserklärung) - die trotz der Vermutung des § 47 WEG fortgilt - allgemein und abstrakt auch für die Zukunft abzubedingen. Dies gilt konkret für die dauerhafte Umstellung der Fälligkeit der Hausgeldvorschüsse laut TE von einer quartalsweisen Zahlung auf eine monatliche Zahlungspflicht.



A.
Problemstellung
Fälligkeitsregelungen zu Vorschüssen und Nachforderungen nach § 28 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WEG sind tägliche Verwaltungspraxis. § 28 Abs. 3 WEG sollte hier nur für Klarstellung sorgen und Erfüllungs- und Fälligkeitsregelungen sicher und systematisch korrekt regeln (vgl. auch BT-Drs. 19/22634, S. 44).


B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die Kläger wenden sich gegen einen Beschluss, mit dem die Zahlungsfrist für die Vorauszahlungen aus einem Wirtschaftsplan für die Zukunft von einer in der Teilungserklärung eindeutig festgelegten quartalsweisen Zahlung auf eine monatliche Zahlung umgestellt werden soll. Besteht dafür Beschlusskompetenz aus § 28 Abs. 3 WEG? Spielt es eine Rolle, dass in der Teilungserklärung auch geregelt ist, dass alle Zahlungen an ein „Konto des Verwalters“ zu leisten sind?
Es bestehe, so das LG Lüneburg, keine Beschlusskompetenz, die vorhandene Fälligkeitsregelung allgemein und abstrakt für die Zukunft abzubedingen. Es könne dahingestellt bleiben, ob gemäß § 28 Abs. 3 WEG Fälligkeiten innerhalb eines konkreten Wirtschaftsplans selbst dann noch im Beschlusswege geregelt werden dürfen, wenn es eine anderslautende Fälligkeitsregelung in der Teilungserklärung gebe (dagegen Bärmann/Becker, 15. Aufl. 2023, § 28 Rn. 70; dafür Bartholome in: BeckOK-WEG, 57. Ed., § 28 Rn. 26 und LG Dortmund, Beschl. v. 10.10.2017 - 17 S 66/17). Denn zumindest für die hier beschlossene (abstrakte) Regelung über die dauerhafte Umstellung der Fälligkeit auf monatliche Zahlungspflichten gebe es jedenfalls keine Beschlusskompetenz. Der BGH habe schon mit Beschluss vom 02.10.2003 (V ZB 34/03 Rn. 24, 25 - BGHZ 156, 279) schon klargestellt, dass eine Regelung, welche die Fälligkeit von Zahlungen aus dem Wirtschaftsplan generell und abstrakt für die Zukunft festlege, nur durch Vereinbarung getroffen werden könne. Zwar sei die Entscheidung noch zum alten Wohnungseigentumsrecht ergangen, in dem eine Vorschrift zur Regelung der Fälligkeit vollständig fehlte. Als Annex zur Aufstellung des Wirtschaftsplans sei eine solche Regelung jedoch (wie der BGH, a.a.O. ausgeführt hat) damals schon möglich gewesen. Angemerkt sei zudem, dass der BGH ausgeführt habe, dass eine solche Annex-Regelung eben nur dann greife, wenn – anders als hier – keine Regelung in der Teilungserklärung oder einer Vereinbarung enthalten sei.
Soweit die Beklagte darauf abstelle, dass unter anderem das LG Frankfurt im Urteil vom 12.10.2023 (2-13 S 133/22) eine Änderung eines Verteilerschlüssels für möglich gehalten habe, sei in § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG ausdrücklich geregelt, dass man durch Mehrheitsbeschluss auch eine von einer bestehenden Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen darf. Eine entsprechende Regelung für die Fälligkeit in § 28 Abs. 3 WEG existiere gerade nicht.
Eine Beschlusskompetenz ergebe sich somit weder aus § 28 Abs. 3 WEG noch aus der Teilungserklärung.
Auch § 47 WEG führe nicht dazu, dass die in der Teilungserklärung erfolgte Regelung zur Fälligkeit unanwendbar sei. Dass in der Teilungserklärung die Zahlung (unzulässig) auf ein „Konto des Verwalters“ geregelt sei, führe auch nicht zu einer vollständigen Unwirksamkeit der Regelung. Die Regelung der Fälligkeit sei gedanklich von dem Konto, auf welches zu überweisen sei, zu trennen. Gemäß § 139 BGB sei anzunehmen, dass die Regelung auch ohne diesen Teil vorgenommen worden wäre.
Die Beklagte könne sich schließlich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Kläger sich treuwidrig verhalten. Dass die Kläger ihre (quartalsmäßigen) Zahlungspflichten in der Vergangenheit nicht eingehalten haben, führe allein nicht dazu, dass sie sich gegen die unzulässige abweichende Regelung der zukünftigen Zahlungspflicht nicht zur Wehr setzen dürfen.


C.
Kontext der Entscheidung
§ 28 Abs. 3 WEG erlaubt richtigerweise wohl eher auch „abstrakte“ Regelungen für die Zukunft (so Hügel/Elzer, WEG, 4. Aufl. 2025, § 28 Rn. 222; Bärmann/Pick/Emmerich, WEG, 21. Aufl. 2025, § 28 Rn. 242); die dabei oft zitierten Fundstellen (BGH, Urt. v. 15.12.2017 - V ZR 257/16 Rn. 21 - NJW 2018, 2044 und LG Köln, Urt. v. 04.04.2019 - 29 S 189/18) tragen das allerdings so allein eher noch nicht. Die Norm tritt aber insofern an die Stelle des § 21 Abs. 7 WEG a.F. (dazu Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 10 Rn. 57) und diese Bestimmung sollte gerade die vom Landgericht hier nicht zitierte Rechtsprechung des BGH als zu eng ablösen (vgl. nur etwa deutlich Jennißen/Heinemann, 6. Aufl. 2019, § 21 a.F. Rn. 114).
Hier bleibt aber auch dann in der Tat immerhin noch die Altregelung in der Teilungserklärung als Hürde. Mangels vertraglicher oder gesetzlicher Öffnungsklausel (wie in § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG) ist die Entscheidung damit wohl im Ergebnis richtig, wenn man nicht bei § 47 WEG noch etwas genauer hinsieht (instruktiv dazu Riecke, ZWE 2023, 350). Wo soll denn eigentlich der erforderliche „Versteinerungswille“ herkommen? Man hätte daher wohl nicht zwingend so pingelig sein müssen, denn – der Einwand aus § 242 BGB zeigt es – es traf eigentlich wohl hier auch unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten nicht unbedingt bei der Neuregelung ganz den Falschen.


D.
Auswirkungen für die Praxis
Die Altregelung zu dem „Konto des Verwalters“ ist unwirksam, weil die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) rechtsfähig ist und daher einfach selbst ein Konto haben kann und auch muss (dazu etwa auch LG Berlin, Urt. v. 15.02.2022 - 55 S 25/21 WEG - ZMR 2022, 576 auch zur Frage der Abberufung). Es ist leider immer noch nicht ganz geklärt, ob man sogar die Hausgeldzahlungen einredeweise verweigern kann, wenn der Verwalter nur ein Treuhandkonto führt (so LG Saarbrücken, Urt. v. 04.05.2018 - 5 S 44/17 - ZWE 2018, 275; LG Hamburg, Urt. v. 28.01.2015 - 318 S 118/14 - ZWE 2016, 38; enger hingegen AG Dortmund, Beschl. v. 23.05.2019 - 514 C 29/19 - ZWE 2019, 423 m. Anm. Müller; offen AG Hamburg-St. Georg, Urt. v. 25.02.2022 - 980a C 29/21 - ZMR 2022, 421; vertiefend Drasdo, ZMR 2021, 98 jeweils m.w.N.).



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