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Anmerkung zu:BVerwG 8. Senat, Urteil vom 11.12.2024 - 8 C 12/23
Autor:Dr. Robert Seegmüller, RiBVerwG
Erscheinungsdatum:02.06.2025
Quelle:juris Logo
Normen:§ 1 VermG, § 7a VermG, Art 14 GG, Art 3 GG, § 6 VermG, § 530 BGB, § 3 VermG
Fundstelle:jurisPR-BVerwG 11/2025 Anm. 1
Herausgeber:Verein der Bundesrichter bei dem Bundesverwaltungsgericht e.V.
Zitiervorschlag:Seegmüller, jurisPR-BVerwG 11/2025 Anm. 1 Zitiervorschlag

Restitution von Grundstücken nach dem Vermögensgesetz nach unentgeltlicher Grundstücksübertragung



Leitsätze

1. § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG setzt eine entgeltliche Veräußerung des anmeldebelasteten Vermögenswertes voraus (im Anschluss an BVerwG, Beschl. v. 23.05.2000 - 8 B 31/00 - Buchholz 428 § 3 VermG Nr 37, BVerwG, Beschl. v. 28.02.2006 - 8 B 89/05 Rn. 9 - ZOV 2006, 146 und BVerwG, Beschl. v. 17.04.2009 - 8 B 28/09 Rn. 5 - ZOV 2009, 210).
2. Ob vertraglich übernommene Leistungen des Erwerbers eine Gegenleistung für die Übereignung des Vermögenswertes darstellen, ist durch Auslegung des Veräußerungsvertrags unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln.
3. Leistungen, die wie ein vorbehaltenes Wohnrecht des Veräußerers aus dem übereigneten Grundstück zu erbringen sind und durch dessen dingliche Belastung gesichert werden, stellen grundsätzlich keine Gegenleistung dar.
4. Bei anderen Leistungen ist danach abzugrenzen, ob sie im vertraglichen Synallagma zur Übereignung des Vermögenswerts stehen und nach dem Willen der Vertragspartner dessen Wert abgelten sollen. Das kann nicht angenommen werden, wenn die Übereignung auch bei Nichterfüllung der Leistungen Bestand haben soll oder wenn deren Wert im Verhältnis zu dem des übereigneten Vermögenswerts nach dem vertraglichen Wertansatz geringfügig ist.



A.
Problemstellung
Nach § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG schließt eine entgeltliche Veräußerung eines anmeldebehafteten Gegenstandes dessen Naturalrestitution aus. Wann aber ist eine Veräußerung entgeltlich?


B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Zu entscheiden war, ob drei im Eigentum der Kläger stehende, im Beitrittsgebiet belegene Grundstücke an die Beigeladene restituiert werden dürfen. Die Grundstücke standen ab 1932 im Eigentum von A und B, die dort eine Kinderpension betrieben. Beide gehörten zum Kreis der im Nationalsozialismus aus rassischen Gründen Verfolgten. Am 08.02.1939 verkauften A und B die Grundstücke für 21.500 RM an C. Von dem Kaufpreis bezahlte der Käufer 500 RM in bar. Ein Teilbetrag von 11.000 RM sollte auf ein Notaranderkonto gezahlt werden. Im Übrigen verpflichtete der Käufer sich, eine auf den Grundstücken lastende, noch mit 13.000 RM valutierende Hypothek über 15.000 RM i.H.v. 10.000 RM zu übernehmen. Die Verkäuferinnen verpflichteten sich, die Hypothek löschen zu lassen, soweit das ihr zugrunde liegende Darlehen einen Betrag von 10.000 RM überstieg, und tilgten 3.000 RM des Hypothekendarlehens aus dem vom Käufer auf dem Notaranderkonto hinterlegten Betrag. Der Käufer wurde als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Nach seinem Tod erbten seine Ehefrau und sein Sohn und nach deren Tod D die Grundstücke. Sie wurde 1979 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.
Die Beigeladene beantragte im Dezember 1992 die Restitution der Grundstücke. Am 27.08.1993 schloss die D mit der Klägerin, ihrer Tochter, einen notariellen Grundstücksübergabevertrag. Sie übertrug dieser die drei Grundstücke und behielt sich ein lebenslanges Wohnrecht vor. Die Klägerin hatte nach Nr. III. 3. und 4. des Vertrages kein Übergabeentgelt zu zahlen und musste sich die Übereignung nicht auf ihr mögliches künftiges Erbteil nach der Mutter anrechnen lassen. Sie verpflichtete sich, die auf die Grundstücke entfallenden Kosten für Wasser, Abwasser, Licht und Heizung zu tragen sowie D in kranken und altersschwachen Tagen zu pflegen. Den jährlichen Wert der drei Rechte bezifferten die Parteien des Vertrags mit jeweils 3.000 DM. Als Verkehrswert der Grundstücke gaben sie 400.000 DM an. Im Mai 1994 wurde die Klägerin als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Am 11.01.1995 schenkte sie dem Kläger zwei der drei Grundstücke, die im März 1996 auf ihn umgeschrieben wurden.
Mit Bescheid vom 06.02.2017 ordnete die Beklagte die Restitution der verfahrensgegenständlichen Grundstücke an die Beigeladene an. Mit Urteil vom 28.09.2023 hat das VG die hiergegen gerichtete Klage der Kläger abgewiesen. Die Beigeladene habe die Restitution der verfahrensgegenständlichen Grundstücke fristgemäß beantragt. Die Grundstücke hätten einer schädigenden Maßnahme i.S.v. § 1 Abs. 6 VermG unterlegen. Der Restitutionsanspruch der Beigeladenen sei nicht nach § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG aufgrund einer wirksamen Verfügung des Verfügungsberechtigten über die verfahrensgegenständlichen Grundstücke untergegangen. Die Vorschrift setze eine entgeltliche Verfügung voraus. Eine solche sei nur anzunehmen, wenn der Veräußerer eines restitutionsbehafteten Vermögenswertes ein adäquates Surrogat für dessen Veräußerung erhalte. Adäquat sei ein Surrogat regelmäßig nur dann, wenn die Gegenleistung in Geld erbracht werde. Ob ausnahmsweise auch andere Leistungen genügen könnten, könne dahinstehen. Der Wert des Surrogates dürfe jedenfalls nicht in unangemessener Weise geringer sein als der Verkehrswert des Vermögenswertes, über den verfügt worden sei. Der letztgenannten Anforderung genüge der Grundstücksübergabevertrag vom 27.08.1993 nicht.
Die Revision der Kläger hatte keinen Erfolg. Die Annahme des VG, die Rückübertragung sei nicht nach § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG ausgeschlossen, beruhe zwar auf einer teils unzutreffenden Auslegung dieser Vorschrift. Es erweise sich bei zutreffender Anwendung der Vorschrift aber als im Ergebnis richtig. Im Ausgangspunkt zutreffend sei das VG davon ausgegangen, dass § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG eine entgeltliche Veräußerung des anmeldebelasteten Vermögenswertes voraussetze. An seiner diesbezüglichen Rechtsprechung halte der Senat fest. Schon der Wortlaut der Vorschrift, der anstelle der Rückübertragung eine Auskehr des Erlöses vorsehe, deute darauf hin, dass der Restitutionsausschluss bei unentgeltlichen Verfügungen nicht eingreifen solle. Die Entstehungsgeschichte und der Sinn und Zweck der Vorschrift bestätigten diese Auslegung. Die Erläuterungen zum Vermögensgesetz gingen davon aus, dass der Restitutionsausschluss des § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG eingreife, wenn der Verfügungsberechtigte für den nachträglich angemeldeten Vermögenswert eine Gegenleistung erlangt habe. Das ergebe sich aus der Annahme des Gesetzgebers, der Veräußerer sei verpflichtet, eine Anpassungsklausel für den vereinbarten Grundstückspreis in den Veräußerungsvertrag aufzunehmen. Nach dem Willen des Gesetzgebers bezwecke § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG den Schutz des Rechtsverkehrs und die Förderung der Investitionsbereitschaft der Wirtschaft. Er diene der Investitionsförderung und der Sicherheit des Grundstücksverkehrs. Diese Zwecke geböten eine Beschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf entgeltliche Geschäfte. Das Vertrauen in die Rechtsbeständigkeit eines kostenlosen Erwerbs sei dagegen ohne Rückhalt. Für die Anwendung des § 3 Abs. 4 VermG auf alle wirksamen Verfügungen über anmeldebelastete Grundstücke sprächen auch nicht die von den Klägern angeführten systematischen Gründe. Ein systematischer Widerspruch ergebe sich schließlich nicht daraus, dass § 7a VermG nur die Erstattung eines vom Verfügungsberechtigten gezahlten Kaufpreises und die Herausgabe von Entschädigungen vorsehe, das Vermögensgesetz aber nicht regle, wie unentgeltliche Verfügungen bei Restitution des betroffenen Vermögenswertes rückabzuwickeln seien. Die in dessen Restitutionsbelastung wurzelnde, durch die Rückübertragung im Verhältnis zwischen Verfügungsberechtigten und Erwerber ausgelöste Leistungsstörung sei nach den einschlägigen zivilrechtlichen Vorschriften zu lösen.
Dass der Anwendungsbereich des § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG sich auf entgeltliche Verfügungen beschränkt, sei mit Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar. Es stelle sich als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums dar, die den jeweils eigentumsrechtlich geschützten Anspruch des Restitutionsberechtigten auf Restitution des Vermögenswerts und das Eigentumsrecht des Erwerbers in einen angemessenen Ausgleich bringe. Der Rückübertragungsberechtigte müsse zum Schutz des Rechtsverkehrs hinnehmen, als Surrogat für den Vermögenswert einen ggf. weit unter dessen Verkehrswert liegenden Erlös zu erhalten. Mit Art. 3 Abs. 1 GG sei die Unanwendbarkeit von § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG bei unentgeltlichem Erwerb ebenfalls vereinbar. Die Ungleichbehandlung von entgeltlichen und unentgeltlichen Erwerbern sei durch sachliche Gründe gerechtfertigt, weil das Vertrauen in den Bestand eines unentgeltlichen Erwerbs weniger schutzwürdig ist.
Nicht mit Bundesrecht vereinbar sei jedoch die Ansicht des VG, entgeltlich seien nur Verfügungen, mit denen der Verfügungsberechtigte einen Erlös in Gestalt eines adäquaten, dem Verkehrswert des Vermögenswerts im Zeitpunkt der Veräußerung angemessenen Surrogats erzielt. Weder der Wortlaut des § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG noch seine Entstehungsgeschichte oder sein Regelungszweck geböten ein derartiges Verständnis von entgeltlichen Verfügungen. Entsprechend dem üblichen Sprachgebrauch verlange das Erfordernis der Entgeltlichkeit, dass ein Entgelt im Sinne einer Gegenleistung für den übertragenen Vermögenswert vereinbart werde. Ob die Gegenleistung stets in einer Geldleistung bestehen müsse, könne hier dahinstehen. Wegen der Erwägung, auch ein Tausch komme in Betracht, messe das angegriffene Urteil dem finanziellen Charakter der Gegenleistung keine maßgebliche Bedeutung bei. Auch das Erfordernis der Herausgabefähigkeit bedürfe keiner Erörterung, weil das VG sich nicht entscheidungstragend darauf stützte. Vielmehr stelle es auf die Angemessenheit des Werts der Gegenleistung im Verhältnis zum Verkehrswert ab. Ein solches Angemessenheitserfordernis findet in § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG und vergleichbaren Vorschriften des Vermögensgesetzes jedoch keine Grundlage. § 6 Abs. 6a Satz 4 VermG und § 16 Abs. 1 Satz 3 InVorG regeln ausdrücklich Fälle, in denen der Erlös den Verkehrswert – beliebig – unterschreitet. Sinn und Zweck des § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG rechtfertigten nicht, den Erlösbegriff hier abweichend zu definieren. Sie trügen die Beschränkung des Anwendungsbereichs auf entgeltliche Veräußerungen und die Verpflichtung des Verfügungsberechtigten, den tatsächlich erzielten Veräußerungserlös auch bei Überschreiten des Verkehrswertes herauszugeben und ihn zu verzinsen.
Umgekehrt gäben sie jedoch nicht vor, dass nur eine dem Verkehrswert angemessene Gegenleistung als Erlös anzuerkennen sein solle. Die Erwägung des Gesetzgebers, zur Sicherung eines adäquaten Erlöses solle der Veräußerer ggf. eine Preisanpassungsklausel vereinbaren, habe im Gesetz keinen Niederschlag gefunden. In § 6 Abs. 6a Satz 4 VermG und § 16 Abs. 1 Satz 3 InVorG wird das Problem durch die subsidiäre Verpflichtung zur Zahlung des Verkehrswertes gelöst. § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG sieht keine entsprechende Regelung vor.
Das angegriffene Urteil erweise sich bei zutreffender Anwendung des § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG jedoch als im Ergebnis richtig. Die Restitution der verfahrensgegenständlichen Grundstücke an die Beigeladene sei nicht gemäß § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG ausgeschlossen, weil die Leistungen, die D für die Übergabe der verfahrensgegenständlichen Grundstücke an die Klägerin erlangt habe, kein Entgelt für die Übertragung des Eigentums daran darstellen.
a) Eine unentgeltliche Veräußerung liege vor, wenn vertraglich entweder gar keine Leistung des Erwerbers an den Verfügungsberechtigten zu erbringen sei oder eine solche keine Gegenleistung für die Übereignung des Vermögenswertes darstelle. Dies sei durch Auslegung des Veräußerungsvertrages unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Eine Leistung, die aus dem übereigneten Gegenstand erbracht werden solle, stelle grundsätzlich keine Gegenleistung dar. Sei sie bei Grundstücksveräußerungen durch dingliche Belastung des Grundstücks gesichert, beschränke sie das übertragene Eigentum und mindere den Wert der Übertragung. Bei anderen Leistungen sei danach abzugrenzen, ob sie im Synallagma zur Übereignung des Vermögenswerts stünden und nach dem Willen der Vertragspartner dessen Wert abgelten sollten. Das könne nicht angenommen werden, wenn die Übereignung auch bei Nichterfüllung der Leistung Bestand haben solle oder wenn die Beteiligten davon ausgingen, dass die Leistung des Erwerbers im Verhältnis zu dem Wert des zugewandten Gegenstands nur geringfügig sei. Je größer das Missverhältnis zwischen dem Wert der Leistung des Erwerbers und dem Wert des übertragenen Vermögenswerts sei, umso mehr spreche für die Unentgeltlichkeit der Verfügung.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung der Leistungen durch die Vertragsparteien sei der Zeitpunkt, in dem der Veräußerungsvertrag geschlossen worden sei. Handle es sich um wiederkehrende Leistungen, sei deren kapitalisierter Wert anzusetzen.
b) Nach diesen Kriterien lasse sich ein Entgeltcharakter der vertraglich von der Klägerin übernommenen Leistungen nicht schon mit der Abschnittsüberschrift „Gegenleistung“ im notariellen Vertrag begründen. Vielmehr komme es auf den Inhalt der jeweiligen Abreden an.
Danach habe für die Grundstücksübertragung ausdrücklich kein Übergabeentgelt gezahlt werden sollen; die Klägerin habe sich die Übereignung auch nicht auf ihr Erbteil anrechnen lassen müssen (vgl. Nr. III. 3. und 4. des Vertrages vom 27.08.1993). Das lebenslange Wohnrecht für ihre Mutter sei nicht als Gegenleistung einzuordnen, weil es aus den übertragenen Grundstücken zu erbringen und durch Grundbucheintragung dinglich gesichert gewesen sei. Die Klägerin habe also nur ein durch das Wohnrecht beschränktes Eigentum erworben.
Ihre Verpflichtung zur Nebenkostenübernahme und zur Pflege in kranken und altersschwachen Tagen habe Nebenleistungen betroffen, die das Wohnrecht ergänzt hätten, vertraglich mit ihm zu einem Altenteil zusammengefasst und vereinbarungsgemäß als Reallasten im Grundbuch eingetragen worden seien. Ob sie schon deshalb – wie das Wohnrecht selbst – nicht als Gegenleistung anzusehen seien, müsse hier nicht geklärt werden. Gegen ihren Entgeltcharakter spreche jedenfalls, dass ihr Wert nach dem vertraglich vereinbarten Wertansatz im Verhältnis zum Wert der durch das Wohnrecht belasteten Grundstücke geringfügig gewesen sei. Nach den revisionsrechtlich bindenden, nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des VG habe der kapitalisierte Wert für die Übernahme der Nebenkosten und die Pflegeleistungen 33.732 DM betragen. Dies ist nicht einmal ein Zehntel des im notariellen Vertrag ausgewiesenen, um den kapitalisierten Wert des Wohnrechts (16.866 DM) geminderten Verkehrswerts der Grundstücke von 400.000 DM. Auch die Regelung des Vertrages, dass die Übergabe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erfolgen solle, spreche dagegen, dass durch diese das Wohnrecht ergänzenden Leistungen eine Abgeltung der Eigentumsübertragung beabsichtigt gewesen sei.
Schließlich spreche gegen einen Entgeltcharakter der Nebenleistungen zum Wohnrecht, dass nur deren schuldhafte, vorsätzliche und nachhaltige Nichterfüllung durch die Klägerin nach Nr. III. 2. des Vertrages vom 27.08.1993 deren Mutter zum Rücktritt berechtigt habe. Schuldlose Nichterfüllung, etwa wegen Unvermögens der Klägerin, habe den Erwerb unberührt gelassen. Danach sei die Übereignung nur unter Voraussetzungen rückgängig zu machen, die dem groben Undank bei Schenkungen entsprechen (vgl. § 530 BGB).
Auch die Weiterveräußerung von zweien der drei Grundstücke an den Kläger habe den Rückübertragungsanspruch der Beigeladenen nicht nach § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG entfallen lassen. Nach dem ihr zugrunde liegenden notariellen Vertrag habe es sich um eine Schenkung und damit ebenfalls um eine unentgeltliche Veräußerung gehandelt.
Die Richtigkeit des Urteils aus anderen Gründen scheitert schließlich nicht daran, dass die Beklagte ihre Befugnis zur Restitution der verfahrensgegenständlichen Grundstücke verwirkt hätte. Die allgemeinen Grundsätze der Verwirkung gelten auch im Vermögensrecht Verwirkung bedeute hiernach, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden dürfe, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen sei und besondere Umstände hinzuträten, welche die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen ließen. Das sei insbesondere der Fall, wenn der Bürger infolge eines bestimmten Verhaltens der Behörde darauf habe vertrauen dürfen, dass diese das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen würde (Vertrauensgrundlage), der Bürger ferner tatsächlich darauf vertraut habe, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet habe, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen werde. Diese Kriterien seien vorliegend schon deswegen nicht erfüllt, weil es sich bei der Befugnis der Beklagten zur Restitution der verfahrensgegenständlichen Grundstücke nicht um ein Recht handle, von dessen Ausübung sie absehen könne, sondern um eine gesetzliche Pflicht, der ein Anspruch des Rückübertragungsberechtigten korrespondiere. Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Restitution der verfahrensgegenständlichen Grundstücke stehe der Beigeladenen ein Anspruch auf deren Rückübertragung zu. Anders als bei einer Entscheidung über die Rücknahme oder den Widerruf eines Verwaltungsaktes stehe ihr nach § 3 Abs. 1 Satz 1 VermG kein Ermessensspielraum zu, innerhalb dessen eine Verwirkung möglich wäre.


C.
Kontext der Entscheidung
Die Entscheidung führt die Rechtsprechung zur Reichweite des Restitutionsausschlusses des § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG fort.


D.
Auswirkungen für die Praxis
Die Entscheidung präzisiert die Voraussetzungen unter denen § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG die Naturalrestitution ausschließt und schafft insoweit Rechtssicherheit für die Erwerber von Grundstücken im Beitrittsgebiet.



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