Urheberrecht und Kommunikationsfreiheit: Grenzen des Urheberrechts im Falle „beiläufiger“ Nutzungen („Coffee“)Leitsätze 1. Eine wirksame Einwilligung in einen Eingriff in Urheberrechte setzt nicht voraus, dass die Einwilligung gegenüber demjenigen erklärt wird, der in Urheberrechte eingreift. Ausreichend ist vielmehr ein Verhalten des Berechtigten, dem aus der Sicht eines objektiven Dritten die Bedeutung zukommt, dass der Berechtigte den Eingriff gestattet. 2. Vertreibt ein Fotograf eine vom ihm angefertigte Fotografie ohne Einschränkungen und insbesondere ohne einen Rechtevorbehalt oder eine Urheberbezeichnung als Fototapete, liegt eine (schlichte) konkludente Einwilligung in alle Nutzungshandlungen vor, die nach den Umständen üblicherweise zu erwarten sind (Fortführung von BGH, Urt. v. 29.04.2010 - I ZR 69/08 - BGHZ 185, 291 „Vorschaubilder I“). 3. Zu den nach den Umständen üblicherweise zu erwartenden Nutzungen einer Fototapete gehören die Vervielfältigung in Form der Fertigung von Fotografien der mit der Fototapete ausgestatteten Räume sowie die öffentliche Zugänglichmachung dieser Fotografien im Internet durch die Nutzungsberechtigten der Räume selbst sowie durch die von ihnen beauftragten Dienstleister wie beispielsweise Ersteller von Internetseiten oder mit dem Verkauf oder der Vermietung der Räume betraute Makler. Die (schlichte) Einwilligung erstreckt sich insoweit nicht nur auf die öffentliche Zugänglichmachung der Fotografien durch den Dienstleister, die unmittelbar der Erfüllung seines Auftrags dient, sondern umfasst die öffentliche Zugänglichmachung auf Internetseiten des Dienstleisters zum Zwecke der Eigenwerbung wie beispielsweise in Hinweisen auf Referenzprojekte. 4. Die Grundsätze der konkludenten Einwilligung und die Schrankenbestimmung des unwesentlichen Beiwerks gemäß § 57 UrhG sind nebeneinander anwendbar. 5. In dem Umstand, dass ein Fotograf auf seiner als Fototapete vertriebenen Fotografie keine Urheberbezeichnung anbringen lässt, ist regelmäßig ein schlüssiger Verzicht auf sein Urheberbenennungsrecht gemäß § 13 Satz 2 UrhG zu sehen (Fortführung von BGH, Urt. v. 15.06.2023 - I ZR 179/22 - GRUR 2023, 1619 = WRP 2023, 1469 „Microstock-Portal“). - A.
Problemstellung Das Urheberrecht ist Persönlichkeits- und Wirtschaftsrecht zugleich (zur Kontroverse Schack in: Depenheuer/Peifer, Geistiges Eigentum: Schutzrecht oder Ausbeutungstitel?, 2008, S. 123 und Ohly in: Depenheuer/Peifer, Geistiges Eigentum: Schutzrecht oder Ausbeutungstitel?, 2008, S. 141). Während namentlich „KI-Werke“ belegen, dass es einen Unterschied macht, ob sich in einem Werk die Persönlichkeit des Urhebers spiegelt oder lediglich ein „mechanischer“ Text etc. vorliegt, ermöglicht das Urheberrecht vor allem, getätigte Investitionen zu amortisieren. Die gerade auch im Digitalzeitalter nach wie vor überzeugenden zentralen Rechtfertigungsnarrative des Urheberrechts geben freilich nicht nur Orientierung, wann Urheberrechtsschutz angezeigt ist, sondern zeigen auch dessen Grenzen auf. Nicht jedwede Verwertung eines Werkes muss dem Urheber (Rechteinhaber) vollumfänglich zugewiesen sein! Allen voran dort, wo die Funktionen des Urheberrechts nicht (wesentlich) beeinträchtigt sind, besteht kein Grund, die Werknutzung der Gemeinfreiheit zu entziehen. Welche Interessen situationsspezifisch überwiegen, ist naturgemäß Gegenstand hitziger Debatten. Klar sollte aber sein, dass weder Zugangsinteressen der Allgemeinheit noch das Schutzinteresse des Urhebers pauschal Vorrang genießen (vgl. etwa Dreier, GRUR Int. 2015, 648). Vielmehr ist der Interessenausgleich an dogmatisch unterschiedlichen Stellschrauben (dazu näher F. Hofmann, ZUM 2018, 641, 645 ff.) „neutral“ vorzunehmen. Neue Entwicklungen erfordern es zudem, sich immer wieder über die Richtigkeit gewährten oder verweigerten Schutzes im Lichte des Zwecks des Urheberrechts zu vergewissern. Anschauung hierfür bieten drei Urteile des BGH über die Nutzung von Abbildungen von Fototapeten. In allen Fällen ging es um die Frage, ob die Abbildungen von Räumlichkeiten im Internet (konkret das Zeigen eines Wohnraums, eines Gastraums in einem Tenniscenter und eines Hotelzimmers) deshalb untersagt werden können, weil dabei urheberrechtlich geschützte Gegenstände (konkret: eine Fototapete) mit verwertet werden. Der BGH hat im Ergebnis zu Recht jeweils eine Urheberrechtsverletzung abgelehnt. Kläger war ein Unternehmen, das Fototapeten vermarktete und in das ein Berufsfotograf Bildrechte eingebracht hatte, die wiederum durch die genannten Nutzungen verletzt sein sollten (bejahend noch LG Köln, Urt. v. 11.04.2024 - 14 O 70/23). Hinzuweisen bleibt auf eine Besonderheit im Verfahren I ZR 140/23: Die streitgegenständliche Fototapete wurde hier nicht vom Erwerber der Tapete infolge einer Ablichtung eines Raumes öffentlich zugänglich gemacht, sondern von einem Dritten besorgt (dem Ersteller der Webseite, der wiederum auf seiner Webseite das Projekt unter Referenzen auswies).
- B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung In allen Verfahren war unstreitig, dass die Gestaltung der Fototapete urheberrechtlich geschützt war. Selbst wenn man im Übrigen dem Lichtbildschutz aus § 72 UrhG kritisch gegenübersteht (vgl. in vorliegendem Kontext etwa Antoine, ZUM 2024, 317, 342), bleibt die Grundproblematik von Bedeutung, da es nun mal Fälle gibt, in denen am Werkcharakter von Fototapeten kein Zweifel besteht. Unstreitig war ebenso, dass eine im Internet abrufbare Abbildung der Fototapete auf einem Lichtbild in das Ausschließlichkeitsrecht des Rechteinhabers in Gestalt der öffentlichen Zugänglichmachung eingreift (§ 19a UrhG). Die Herstellung der Upload-Datei und deren Speicherung auf einem Server führt zudem ins Vervielfältigungsrecht nach § 16 UrhG. Fraglich war somit allein, ob die Nutzung von einer Schranke gedeckt ist (I.) oder rechtsgeschäftlich gestattet worden ist (II.). I. Der Schrankenkatalog hält keine ohne Weiteres passende Regelung bereit. Der BGH hat sich dabei im Ergebnis nicht festgelegt, weil er den Fall über eine rechtsgeschäftliche Gestattung löste (dazu u. B.II.). Während die Panoramafreiheit nach § 59 UrhG für Räume innerhalb von Gebäuden weder vom Wortlaut noch vom Telos passt, § 53 UrhG allenfalls eine Vervielfältigung neutralisiert und § 50 UrhG auf „Tagesereignisse“ beschränkt ist (näher zu den genannten Schranken Stieper, ZUM 2024, 661, 665 f., der darüber hinaus zu Recht auch die Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes verneint – ZUM 2024, 661, 664 f.; zu letzterem auch Verfahren I ZR 139/23 Rn. 23), ist bei § 57 UrhG vor allem das Tatbestandsmerkmal „unwesentliches Beiwerk“ problematisch. Konkret ist gemäß § 57 UrhG die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken zulässig, „wenn sie als unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlichen Gegenstand der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe anzusehen sind“. Art. 5 Abs. 3 Buchst. i InfoSoc-RL beschränkt sowohl das Vervielfältigungsrecht als auch das Recht der öffentlichen Wiedergabe „für die beiläufige Einbeziehung eines Werks oder sonstigen Schutzgegenstands in anderes Material“ (engl. „incidental inclusion“; frz. „l'inclusion fortuite“). Mit dem (zweifelhaften) Argument der engen Schrankenauslegung (kritisch dazu etwa Dreier, GRUR Int. 2015, 648, 651; Geiger, GRUR Int. 2008, 459; Stieper in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 6. Aufl. 2020, Vor §§ 44a ff. 36 ff.; weiterführend im Hinblick auf vorliegende Sachverhaltskonstellationen auch Wypchol, ZUM 2023, 688, 691 ff.) stuft der BGH ein Werk als unwesentlich nur dann ein, wenn es „neben dem Gegenstand der eigentlichen Verwertung selbst eine geringe oder nebensächliche Bedeutung nicht erreicht“ (BGH, Urt. v. 17.11.2014 - I ZR 177/13 - GRUR 2015, 667 Rn. 27 „Möbelkatalog“). Nach dem BGH kann eine „derart untergeordnete Bedeutung […] dem mitverwerteten Werk regelmäßig nicht mehr zugewiesen werden, sobald es erkennbar stil- oder stimmungsbildend […] oder eine bestimmte Wirkung oder Aussage unterstreichend […] in den eigentlichen Gegenstand der Verwertung einbezogen wird, einen dramaturgischen Zweck erfüllt“ (BGH, Urt. v. 17.11.2014 - I ZR 177/13 - GRUR 2015, 667 Rn. 27 „Möbelkatalog“). Gerade bei einer werblichen Darstellung kann der Abbildung eines urheberrechtlich geschützten Gegenstandes „eine nicht unwesentliche ästhetische Bedeutung“ zukommen (BGH, Urt. v. 17.11.2014 - I ZR 177/13 - GRUR 2015, 667 Rn. 28 „Möbelkatalog“). Im Lichte dieser Grundsätze scheidet die wortsinnige Anwendung von § 57 UrhG auch in vorliegendem Fall erkennbar aus (vgl. auch LG Köln, Urt. v. 11.04.2024 - 14 O 70/23 Rn. 49 f.; kritisch Wypchol, ZUM 2023, 688, 691 ff.). Zu einem anderen Ergebnis könnte man indes kommen, wenn man die Schranke (im Lichte der Funktion des Urheberrechtsschutzes) weit auslegt. Darauf wird nochmals zurückzukommen sein (u. C.). II. Ob ein Nutzungsrecht i.S.v. § 31 UrhG eingeräumt worden ist, ist fraglich. Dagegen streitet der Rechtsgedanke aus § 44 Abs. 1 UrhG, wonach der Urheber im Falle der Veräußerung des Originals (oder auch eines Vervielfältigungsstücks, vgl. Vogel in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, § 44 Rn. 8) des Werkes „im Zweifel dem Erwerber ein Nutzungsrecht nicht [einräumt]“. An einem Eingriff in das Urheberrecht fehlt es aber nicht nur im Falle einer positiven Rechtseinräumung, sondern auch im Falle einer Einwilligung (zur Stufenleiter der Gestattung Ohly in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, § 29 Rn. 23 f.). Hierbei erhält der Dritte zwar keine „verfestigte Rechtsposition“ (Ohly in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, § 29 Rn. 23), der Eingriff in das Urheberrecht ist aber nicht rechtswidrig (vgl. Verfahren I ZR 139/23 Rn. 16). Wie bereits in der Vorschaubilder-Entscheidung (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2010 - I ZR 69/08 - GRUR 2010, 628 Rn. 33 ff. „Vorschaubilder I“) löst der BGH auch die „Fototapeten-Fälle“ mit der „Ersatzschranke“ der Einwilligung. Die Einwilligung kann dabei nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent erklärt werden. Ob ein Verhalten des Berechtigten als schlichte Einwilligung in den Eingriff in ein durch das Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht anzusehen ist, hängt von dem objektiven Erklärungsinhalt aus der Sicht des Erklärungsempfängers ab (vgl. Verfahren I ZR 140/23 Rn. 31). Es ist dabei insbesondere maßgeblich, ob es um nach den Umständen übliche Nutzungshandlungen geht, mit denen der Berechtigte rechnen muss, und ob der Berechtigte dennoch sein Werk Nutzern ohne Einschränkungen frei zugänglich macht (vgl. Verfahren I ZR 139/23 Rn. 16 und Rn. 20). Das Fotografieren von Räumen einschließlich der darin befindlichen Fototapeten und die Veröffentlichung der entsprechenden Fotos im Internet sind auch nach Ansicht des BGH sozialübliche und erwartbare Nutzungshandlungen (vgl. Verfahren I ZR 139/23 Rn. 25 ff., 36; Verfahren I ZR 140/23 Rn. 26 ff., Rn. 37).
- C.
Kontext der Entscheidung Die Entscheidung lässt sich in das Internetrecht einordnen. Kennzeichen des Internetrechts ist dabei, dass überprüft werden muss, ob die Rechtmäßigkeit/Rechtswidrigkeit analoger Nutzungen auch für Digitalnutzungen gilt. Der BGH hat dabei mit der Schutzverweigerung das richtige Ergebnis gefunden (vgl.a. Kraul/Vetter, ZUM-RD 2023, 318). I. Dogmatisch stützt der BGH sein Ergebnis auf eine rechtsgeschäftliche Lösung. Auf den ersten Blick liegt hier eine Schwachstelle: Verkäufer von Fototapeten könnten künftig die Einwilligung verweigern, so dass im Internet gezeigte Bilder von Räumlichkeiten, auf denen die entsprechenden Tapeten zu sehen sind, rechtsverletzend wären (vgl. Verfahren I ZR 139/23 Rn. 40). Allerdings mindert das den wirtschaftlichen Wert von Fototapeten. Wird der Käufer klar in Kenntnis gesetzt, dass er die Tapete auch nicht „beiläufig“ im Internet zeigen darf, ergibt ein Kauf namentlich für Hoteliers, Gastronomen, Ferienwohnungsbetreiber oder Influencer keinen Sinn. Da im Lichte des objektiven Empfängerhorizonts von einer Zustimmung zu üblichen Nutzungen auszugehen ist, kommt es auch darauf an, dass die Verweigerung der Einwilligung unmissverständlich und deutlich erklärt wird. Auf schuldrechtlicher Ebene ist im Falle eines Verbrauchsgüterkaufs im Übrigen an § 476 Abs. 1 Satz 2 BGB zu denken. Dass das Anbringen einer Fototapete nicht indirekt ein „Fotografierverbot“ (genauer: ein Verbot zur öffentlichen Verwertung von Abbildungen des Raums) bewirkt, darf getrost als „gewöhnliche Verwendung“ i.S.v. § 434 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB verstanden werden. Soll davon abgewichen werden, bedarf es insbesondere einer ausdrücklichen und gesonderten Vereinbarung (§ 476 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB). Soweit es an einer durchgehenden „Einwilligungskette“ fehlt, kann auch im unternehmerischen Verkehr das Schuldrecht zumindest teils Abhilfe schaffen. In Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH in „Vorschaubilder II“ (BGH, Urt. v. 19.10.2011 - I ZR 140/10 - GRUR 2012, 602) genügt es nach dem BGH freilich, dass der Urheber mit dem Verkauf von Fototapeten als solches einverstanden war: „Eine wirksame Einwilligung in einen Eingriff in Urheberrechte setzt nicht voraus, dass die Einwilligung gegenüber demjenigen erklärt wird, der in Urheberrechte eingreift. Ausreichend ist vielmehr ein Verhalten des Berechtigten, dem aus der Sicht eines objektiven Dritten die Bedeutung zukommt, dass der Berechtigte den Eingriff gestattet“ (Verfahren I ZR 140/23, 1. Leitsatz und Rn. 42 ff.; anders Ohly, GRUR 2012, 983, 988). Oder konkret: Auch Dritte können sich auf eine konkludente Einwilligung des Fotografen stützen, wenn deren Nutzungshandlungen aus objektiver Sicht als üblich anzusehen sind (Verfahren I ZR 140/23 Rn. 48). Ein Konflikt mit dem Übertragungszweckgrundsatz aus § 31 Abs. 5 UrhG ist nicht gegeben (vgl.a. Verfahren I ZR 139/23 Rn. 31). Unabhängig davon, dass gar keine Einräumung eines Nutzungsrechts im Raum steht, steht die „Zustimmung“ mit der Idee des Übertragungszweckgrundsatzes im Einklang. Der Erwerber von Fototapeten braucht schlichtweg die Einwilligung zur Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung, um die Tapete bestimmungsgemäß nutzen zu können. II. Auch wenn die rechtsgeschäftliche Lösung durchaus trägt, wäre eine gesetzliche Lösung vorzugwürdig. Stieper schlägt eine weite Auslegung von § 57 UrhG vor (denkbar wäre auch, sich die Flexibilität des Rechts der öffentlichen Wiedergabe zunutze zu machen, Stieper, ZUM 2024, 661, 669): „Beiläufig“ i.S.v. Art. 5 Abs. 3 Buchst. i InfoSoc-RL wäre als „zwangsläufig“ zu lesen (Stieper, ZUM 2024, 661, 669). Methodisch steht dies im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH, der zur Verwirklichung von Grundrechten für eine großzügige Auslegung von Schranken plädiert (EuGH, Urt. v. 29.07.2019 - C-516/17 - GRUR 2019, 940 Rn. 50 ff. „Spiegel Online“). Dieser Gedanke lässt sich dahin gehend fortführen, dass auf diese Weise die Funktion des Urheberrechts einschließlich seiner damit einhergehenden Grenzen zur Geltung gebracht werden kann. In der Tat steht in vorliegendem Fall mehr oder weniger eine „referenzielle“ Nutzung im Raum, die die „Partizipationsinteressen“ der Rechteinhaber nicht maßgeblich beeinträchtigt. Die Primärverwertung der geistigen Schöpfung wird durch die Abbildung der streitgegenständlichen Räume kaum tangiert (Stieper, ZUM 2024, 661, 662). Stieper argumentiert dabei zugleich mit einer medienwissenschaftlichen Perspektive. Akte des in der analogen Welt erlaubten „Zeigens“ würden im Digitalumfeld zu Urheberrechtsverletzungen, was bei wertender Betrachtung nicht zu überzeugen vermag (Stieper, ZUM 2024, 661, 661 f., 667 ff.). Nach Stieper soll es entscheidend darauf ankommen, ob ein Werk (z.B. Zeigen einer Fotografie) oder eine reale Situation (z.B. Zeigen einer Ferienwohnung) vermittelt werden soll. Im ersteren Fall liegt in der Vermittlungshandlung eine Urheberrechtsverletzung, in letzterem nicht. Dogmatisch denkbar wäre zudem, die Durchsetzung zu versagen (näher F. Hofmann, ZUM 2018, 641, 647 f.; F. Hofmann, GRUR 2020, 915, 918 ff.). Die Begrenzung des Urheberrechts auf der „Remedy-Ebene“ steht hier allerdings entgegen, dass über die Rechtsdurchsetzung nur ein letztes „Feintuning“ betrieben werden kann, indem allein bestimmte Rechtsfolgen (z.B. Unterlassung gegenüber Schadensersatz) als zu weitreichend empfunden werden. In vorliegender Fallgestaltung ist aber nicht etwa das scharfe Schwert des Unterlassungsanspruchs das Problem, sondern bereits die materiell-rechtliche Reichweite des Schutzrechts.
- D.
Auswirkungen für die Praxis Hoteliers, Gastronomen oder Influencer können aufatmen. Das richtig verstandene Urheberrecht schafft keine neuen Fallstricke, die sozial übliche (Werbe-)Praktiken verhindern. Die Entscheidung kann aber auch in weiteren Konstellationen fruchtbar gemacht werden. Wer beispielsweise ein Bewerbungsfoto anfertigen lässt, darf mit ähnlicher Argumentation wie in vorliegender Entscheidung damit rechnen, dass er dieses auch zur Vorstellung der eigenen Person auf der eigenen Internetseite oder dem Webauftritt seines Arbeitgebers verwenden darf (anders LG Köln, Urt. v. 20.12.2006 - 28 O 468/06 - ZUM 2008, 76). Der Fotograf kann natürlich auch hier die Einwilligung ausdrücklich verweigern. Der Chance, eine zusätzliche Vergütung für die weitere Nutzungsmöglichkeit zu verdienen, steht freilich das Risiko gegenüber, im Wettbewerb der Bewerbungsfotografen einen Nachteil zu haben.
- E.
Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung Neben einer Verletzung der Verwertungsrechte stand auch ein Eingriff in das Urheberpersönlichkeitsrecht aus § 13 UrhG im Raum. Schon der Wortlaut von § 13 Satz 2 UrhG zeigt jedoch, dass das Namensnennungsrecht disponibel ist. Ein schlüssiger Verzicht ergibt sich vorliegend daraus, dass es an der Anbringung einer Urheberbezeichnung auf der Tapete fehlt.
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