Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Bei dem Urteil des LG Nürnberg-Fürth handelt es sich um ein Berufungsurteil. Das AG Nürnberg (Az.: 435 Ls 503 Js 2133/21) hatte den Angeklagten in erster Instanz wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung und Schuldnerbegünstigung in vier tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Das unbeschränkt eingelegte Rechtsmittel des Angeklagten hatte nur teilweise und dies nur in Bezug auf die Strafzumessung Erfolg – das Landgericht sprach eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten aus, wobei diese nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde. Im Übrigen verwarf es die Berufung als unbegründet.
Nach den Feststellungen des LG Nürnberg-Fürth betrieb der Angeklagte gemeinsam mit der weiteren Verurteilten P, die ihre Berufung zurückgenommen hatte, seit Mitte 2015 ein Reinigungsunternehmen (TF). Die P war zunächst Alleingeschäftsführerin der Gesellschaft, während der Angeklagte das Unternehmen in technisch-operativer Hinsicht leitete. Eine faktische Geschäftsführung des Angeklagten bestand nach Ansicht der Kammer nicht.
Spätestens seit September 2020 sei die GmbH nach Auffassung des Gerichts nicht mehr in der Lage gewesen, ihre fälligen Verbindlichkeiten in wesentlichem Umfang zu bedienen, was dem Angeklagten und der Verurteilten P auch bewusst gewesen sei. Ihnen sei zudem klar gewesen, dass das Vermögen der Gesellschaft – erhebliche Forderungen im mittleren sechsstelligen Bereich gegenüber einem Großkunden und weiteren kleineren Vertragspartnern – im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in die Insolvenzmasse fallen würde.
Um sich den Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu entledigen und den Betrieb mit einer neu gegründeten GmbH (TH) fortzusetzen, an die die offenen Forderungen der Altgesellschaft TF bezahlt werden sollten, hätten der Angeklagte und die anderweitig Verurteilte in beiderseitigem Einvernehmen auf Veranlassung des Angeklagten im November und Dezember 2020 unter dem Betreff „Änderung - neue Firmierung“ Schreiben an verschiedene Auftraggeber der TF versendet und diese aufgefordert, Rechnungen fortan auf das Konto der neu gegründeten TH zu bezahlen. An den größten Kunden der TF – die Stadt N – hätten sie per Fax ein Schreiben mit dem Briefkopf der TF verschickt, in dem der Stadt lediglich die neue Kontonummer, die der TH, mitgeteilt worden sei. Ein Hinweis auf die TH oder einen Wechsel des Vertragspartners sei nicht erfolgt.
Die entsprechenden Kunden hätten eingeforderte Rechnungsbeträge daraufhin nicht mehr auf das bislang bekannte Konto der TF, sondern auf das Konto der TH überwiesen. Dabei sei den Angeklagten bewusst gewesen, dass den Gläubigern ihres Unternehmens damit der Zugriff auf ihre Vermögenswerte erschwert werde. Insgesamt seien Überweisungen i.H.v. 539.138,26 Euro auf das der Altgesellschaft TF nicht zuzuordnende Konto erfolgt. Vertragsübergänge von der TF auf die TH seien – jedenfalls im Zeitraum der hier maßgeblichen getätigten Zahlungen – nicht erfolgt.
Darüber hinaus wurde der Angeklagte und Berufungsführer am 24.02.2021 zum Alleingeschäftsführer der TF bestellt, wobei diese gleichzeitig in AF umfirmiert worden sei. Obwohl er von der finanziellen Lage der Gesellschaft gewusst habe, stellte er erst mit Schreiben vom 25.03.2021 einen Insolvenzantrag. Der Antrag ging am 08.04.2021 bei dem zuständigen Insolvenzgericht ein. Ebenfalls am 24.02.2021 wurde ein Fremdinsolvenzantrag beim zuständigen Amtsgericht Nürnberg-Fürth gestellt.
Dieses Vorgehen erfüllt der Kammer zufolge den Tatbestand der Schuldnerbegünstigung nach § 283d Abs. 1 Nr. 2 StGB, da die TF zum Zeitpunkt der Versendung der einzelnen Schreiben an ihre Kunden entsprechend § 283d Abs. 4 StGB ihre Zahlungen bereits eingestellt habe. Die TF sei zudem „ein anderer“ i.S.d. § 283d Abs. 1 StGB, da der Angeklagte zur Zeit der Versendung der Schreiben an die Kunden noch nicht deren Geschäftsführer gewesen sei. Die zu diesem Zeitpunkt alleinige Geschäftsführerin P habe ihr Einverständnis mit dem dargestellten Vorgehen erteilt, was als Einwilligung der Gesellschaft und damit des „anderen“ nach § 283d Abs. 1 Var. 1 StGB zu werten sei. Durch die von den Kunden sodann getätigten Zahlungen auf ein der TF nicht zuzuordnendes Konto seien Forderungen i.S.d. Straftatbestands der Schuldnerbegünstigung beiseitegeschafft worden.
Aus diesen Feststellungen ergebe sich zudem eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung gemäß § 15a Abs. 4 InsO. Zwar sei einem neu eintretenden Geschäftsführer grundsätzlich eine gewisse Überlegungsfrist zu gewähren, innerhalb derer er prüfen könne, wie es um die Gesellschaft steht. Da der hiesige Angeklagte aber von den finanziellen Verhältnissen der TF gewusst habe, habe ihm nicht die volle Drei-Wochen-Frist des § 15a Abs. 1 Satz 2 InsO zur Verfügung gestanden. Insofern machte das LG (noch einmal) deutlich, dass es sich bei dieser Frist um eine absolute Höchstfrist handle, die nicht ausgeschöpft werden dürfe, wenn etwaige Bemühungen um eine Sanierung des Unternehmens keine ernstlichen Aussichten auf Erfolg bieten würden.
Kontext der Entscheidung
Der Straftatbestand der Insolvenzverschleppung (§ 15a Abs. 4, Abs. 5 InsO) sowie die Delikte des 24. Abschnitts des StGB (§§ 283 ff. StGB) zählen zu den Insolvenzstraftaten im engeren Sinne.
Schätzungen zufolge werden Unternehmenszusammenbrüche in 50-80% aller Fälle von Insolvenzstraftaten begleitet. Dabei sollen die GmbH und die GmbH & Co. KG mit einem Anteil von 50% die insolvenzanfälligsten Rechtsformen darstellen – die meisten Strafverfahren in diesem Zusammenhang sollen sich gegen Geschäftsführer und Gesellschafter der GmbH richten (vgl. Kindhäuser/Bülte in: NK-StGB, 6. Aufl. 2023, vor § 283 StGB Rn. 4 m.w.N.). Die Wahrscheinlichkeit, dass es im Kontext eines derartigen Insolvenzverfahrens zu strafrechtlichen Ermittlungen kommt, ist aufgrund der im 3. Abschnitt der Anordnung über Mitteilungen in Zivilsachen (MiZi) vorgesehenen in der Regel obligatorischen Übersendung der Insolvenzakten an die Staatsanwaltschaft hoch. Eine derartige Information erfolgt (u.a.) sowohl im Falle der Ablehnung der Eröffnung des Verfahrens mangels Masse als auch bei Verfahrenseröffnung (vgl. 3. Abschnitt, Ziffer X. - Mitteilungen in Insolvenzverfahren).
Während die Insolvenzverschleppung und insbesondere der Bankrotttatbestand des § 283 StGB im Rahmen der strafrechtlichen Ermittlungen im Zuge der Insolvenz eines Unternehmens auf der Tagesordnung stehen, pflegt der Straftatbestand der Schuldnerbegünstigung jedoch ein Schattendasein. So wurden im Jahr 2023 laut polizeilicher Kriminalstatistik bundesweit 4.271 Fälle von Insolvenzverschleppung nach § 15a InsO sowie 2.135 Fälle des Bankrotts gemäß § 283 StGB erfasst. Die Anzahl erfasster Fälle von Schuldnerbegünstigung nach § 283d StGB lag hingegen bei lediglich 14 (!). Entsprechend dünn ist auch der bisherige Bestand an diesbezüglicher Judikatur.
Die Entscheidung des LG Nürnberg-Fürth bietet Anlass, sich mit den Besonderheiten des Straftatbestands der Schuldnerbegünstigung (in der hier maßgeblichen Einwilligungsvariante) – insbesondere in Abgrenzung zum Bankrotttatbestand des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB – zu befassen.
Geschütztes Rechtsgut aller Insolvenzdelikte des 24. Abschnitts des StGB ist der Bestand der Insolvenzmasse im Interesse der Gesamtgläubigerschaft eines Schuldners (vgl. BGH, Urt. v. 29.09.1988 - 1 StR 332/88 - NStZ 1989, 179; Petermann/Hofmann in: MünchKomm StGB, 4. Aufl. 2022, § 283d StGB Rn. 1; Schönke/Schröder/Heine/Schuster, 30. Aufl. 2019, § 283d StGB Rn. 1; Fischer, StGB, 71. Aufl. 2024, Vor § 283 Rn. 3). Innerhalb der Systematik der §§ 283 ff. StGB bildet § 283d StGB eine Ergänzung zu § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB und das Gegenstück zur Gläubigerbegünstigung gemäß § 283c StGB.
Eine erste Besonderheit besteht mit Blick auf den möglichen Täterkreis des § 283d StGB. Denn der Straftatbestand des § 283d StGB stellt als einzige der Bankrottstraftaten kein Sonderdelikt dar und kann von jedermann begangen werden.
Während § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB die Fälle der Vermögensverschiebung durch den Schuldner selbst regelt, normiert § 283d StGB als Spiegelbild der Vorschrift Vermögensverschiebungen durch außenstehende Dritte mit eigener Tatherrschaft (vgl. Fischer, StGB, 71. Aufl. 2024, § 283d Rn. 2). Der Straftatbestand der Schuldnerbegünstigung schließt somit eine Strafbarkeitslücke und hat – trotz der geringen Anzahl an auftretenden bzw. abgeurteilten Fällen – folglich seine Daseinsberechtigung. Denn der außenstehende Dritte kann sich grundsätzlich nur als Teilnehmer am Sonderdelikt des § 283 Abs. 1 StGB strafbar machen. Geht das Verhalten des Außenstehenden jedoch – so wie hier – über eine Anstiftungs- oder Beihilfehandlung hinaus, handelt er also selbst mit Tatherrschaft, kommt weder eine Teilnahme noch – mangels Sonderstellung des Täters – eine Bestrafung als Täter der Haupttat gemäß § 283 Abs. 1 StGB in Betracht (vgl. Volk/Beukelmann, MAH Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen, 3. Aufl. 2020, § 19 Rn. 174). An dieser Stelle greift dann § 283d StGB.
Da Täter der Schuldnerbegünstigung somit jedermann außer dem Schuldner selbst sein kann, stellt sich bei der Einordnung in die §§ 283 ff. StGB eingangs stets die Frage nach der Schuldnereigenschaft des Beschuldigten. Diese ist zivilrechtsakzessorisch zu bestimmen (Petermann/Sackreuther in: MünchKomm StGB, 4. Aufl. 2022, vor § 283 StGB Rn. 48). Insolvenzschuldner und mithin tauglicher Täter der §§ 283-283c StGB kann gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 InsO grundsätzlich jede natürliche oder juristische Person sein. Für juristische Personen haften gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB bekanntermaßen ihre vertretungsberechtigten Organe. Vertretungsberechtigtes Organ der GmbH ist gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG der Geschäftsführer. Nach ständiger Rechtsprechung kann sich neben dem förmlich bestellten Geschäftsführer grundsätzlich auch der sogenannte faktische Geschäftsführer strafbar machen (vgl. Böttger/Weinreich, Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl., Kap. 6 Rn. 18 m.w.N).
Alleingeschäftsführerin der GmbH war in dem Sachverhalt, der dem Urteil des LG Nürnberg-Fürth zugrunde lag, die anderweitig verurteilte P. Aufgrund ihrer formalen Stellung innerhalb der Gesellschaft wurde sie vom AG Nürnberg-Fürth in erster Instanz folgerichtig (u.a.) nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB verurteilt.
Hinsichtlich der Täterschaft des Angeklagten führt das LG Nürnberg-Führt in seinem Berufungsurteil aus, dass dieser nicht aus § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu bestrafen sei, da er zum Tatzeitpunkt weder formeller noch faktischer Geschäftsführer der TF gewesen sei (die Bestellung zum Alleingeschäftsführer erfolge erst ca. 2-3 Monate nach dem Versand der verfahrensgegenständlichen Schreiben an die Kunden der TF, die die Tathandlung darstellten). Weitere Ausführungen dazu, warum der Angeklagte hier nicht als faktischer Geschäftsführer fungiert haben soll, lässt die Entscheidung vermissen, obgleich das LG zunächst festgestellt hat, dass der Angeklagte das Unternehmen in technisch-operativer Hinsicht geleitet hatte. So soll er Reinigungskolonnen organisiert, Putzkräfte eingeteilt und angeleitet und neue Kunden akquiriert haben.
Voraussetzung für die Annahme einer faktischen Geschäftsführung ist die Wahrnehmung von Geschäftsführeraufgaben durch den faktischen Geschäftsführer, wobei nicht jeder, der Geschäftsführungsaufgaben wahrnimmt, durch die Übernahme derartiger Aufgaben allein zum faktischen Geschäftsführer wird. Der faktische Geschäftsführer muss vielmehr mit Außenwirkung handeln und für unternehmensfremde Dritte erkennbar auftreten sowie die faktische Geschäftsführung für eine nicht unerhebliche Dauer übernehmen (vgl. dazu insgesamt Dierlamm, Der faktische Geschäftsführer im Strafrecht – ein Phantom?, NStZ 1996, 153). Dies wiederum muss in einem Maß erfolgen, das ihm gegenüber dem bestellten Vertreter der Gesellschaft ein Übergewicht verleiht (vgl. BayObLG, Urt. v. 20.02.1997 - 5St RR 159/96 - NJW 1997, 1936), wenn nicht gar eine überragende Stellung (vgl. BGH, Urt. v. 22.09.1982 - 3 StR 287/82 - NJW 1983, 240).
Aufgrund der mangelnden Auseinandersetzung des LG mit einer möglichen faktischen Organstellung des Angeklagten ist davon auszugehen, dass das Gericht eine derart hervortretende Stellung des Angeklagten gegenüber der P als bestellter Vertreterin der GmbH, die vorrangig für die kaufmännische Seite des Unternehmens zuständig gewesen sein soll, offensichtlich für nicht gegeben hielt. Auch eine andere Bewertung hätte sich, worauf das LG hinwies, indes praktisch nicht ausgewirkt, da der Angeklagte andernfalls gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB unter Heranziehung des gleichen Strafrahmens – Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe – zu bestrafen gewesen wäre.
Gleichwohl werden an die Strafbarkeit des Dritten nach § 283d StGB strengere Anforderungen geknüpft als an die Strafbarkeit des Schuldners im Rahmen von § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Zwar sind die Vorschriften hinsichtlich der Tathandlungen identisch. Aufgrund der herabgesetzten Verantwortung eines Dritten für die Befriedigung der Gläubigergesamtheit (vgl.
BT-Drs. 7/3441, S. 39), muss der Dritte die strafbare Handlung jedoch im Interesse des Schuldners oder mit dessen Einwilligung vornehmen.
Während eine strafrechtliche Einwilligung grundsätzlich zum Tatbestandsausschluss führt, hat sie im Fall der Einwilligung in die Vermögensverschiebung im Rahmen des § 283d StGB strafbarkeitsbegründende Wirkung. Durch das Merkmal der Einwilligung wird eine Nähebeziehung des Täters zum Schuldnervermögen hergestellt (vgl. Petermann/Hofmann in: MünchKomm StGB, 4. Aufl. 2022, § 283d StGB Rn. 12).
Ist der Schuldner eine juristische Person, wird in der Literatur – entsprechend der Auffassung des LG Nürnberg-Fürth – nach herrschender Meinung auf die Einwilligung der für die juristische Person handelnden Organe oder Vertreter abgestellt (Petermann/Hofmann in: MünchKomm StGB, 4. Aufl. 2022, § 283d StGB Rn. 10; Kindhäuser/Bülte in: NK-StGB, 6. Aufl. 2023, § 283d StGB Rn. 4; Schönke/Schröder/Heine/Schuster, 30. Aufl. 2019, § 283d StGB Rn. 3). Dementsprechend reichte im vorliegenden Fall die – unstreitige – Einwilligung der P als (damalige) Alleingeschäftsführerin der TF aus.
Nach einer anderen in der Literatur vertretenen Ansicht setzt die wirksame Einwilligung in eine Schädigung des Gesellschaftervermögens das Einverständnis der Gesellschaftergesamtheit und demnach einen Gesellschafterbeschluss voraus (Brand/Sperling, Die Bedeutung des § 283d StGB im GmbH-Strafrecht, ZStW 121, 281, 297 (2009)). Der Geschäftsführer allein könne in eine Schädigung des Gesellschaftervermögens nur dann wirksam einwilligen, wenn die Gesellschaftergesamtheit hierzu ihr Einverständnis erteilt hat. Dies wird im Wesentlichen damit begründet, dass der GmbH-Geschäftsführer grundsätzlich nicht dazu befugt sei, für die GmbH den Willen zu bilden, mit einer Vermögensschädigung einverstanden zu sein.
Eine auch nur ansatzweise Auseinandersetzung mit dieser Gegenansicht, die soweit ersichtlich keinen Niederschlag in der überschaubaren Judikatur zu § 283d StGB gefunden hat, hat das LG Nürnberg-Fürth nicht vorgenommen. Stattdessen hat sich die Kammer mit ihrer Entscheidung klar zugunsten der herrschenden Meinung positioniert, die in der strafrechtlichen Beratungs- und Verteidigungspraxis auch als maßgeblich betrachtet werden sollte.
Auch auf subjektiver Ebene werden an den Dritten strengere Anforderungen gestellt als an den Schuldner. Der Dritte muss in sicherer Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit handeln oder die Begünstigungshandlung erst nach Beginn eines Insolvenzverfahrens, das vom Vorsatz umfasst sein muss, vornehmen, während sich der Schuldner nach § 283 Abs. 4 Nr. 1 StGB schon strafbar macht, wenn er die Krise bei Vornahme der Bankrotthandlung fahrlässig verkennt. Das Wissen des Dritten um die wirtschaftliche Lage des Schuldners muss somit bestimmter sein als das Wissen des Schuldners selbst (vgl.
BT-Drs. 7/3441, S. 39).
Als zeitlichen Anknüpfungspunkt nennt § 283d Abs. 1 StGB ausdrücklich nur die drohende Zahlungsunfähigkeit (Nr. 1) oder eine bereits erfolgte Zahlungseinstellung bzw. die Phase nach Stellung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Nr. 2). Der drohenden Zahlungsunfähigkeit ist nach herrschender Meinung die bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit im Wege eines Erst-recht-Schlusses gleichzusetzen (Petermann/Hofmann in: MünchKomm StGB, 4. Aufl. 2022, § 283d StGB Rn. 8 m.w.N.; Fischer, StGB, 71. Aufl. 2024, § 283d Rn. 5). Eine Überschuldung des Unternehmens soll für § 283d Abs. 1 Nr. 1 StGB – anders als im Rahmen von § 283 Abs. 1 StGB – hingegen nicht ausreichen (vgl. Petermann/Hofmann in: MünchKomm StGB, 4. Aufl. 2022, § 283d StGB Rn. 8; Kindhäuser/Bülte in: NK-StGB, 6. Aufl. 2023, § 283d StGB Rn. 7).
Die auch für die Annahme einer Strafbarkeit erforderliche objektive Bedingung der Strafbarkeit (vgl. § 283d Abs. 4 StGB) muss im Fall des § 283d StGB in der Person des anderen, mithin des Schuldners, vorliegen (vgl. Petermann/Hofmann in: MünchKomm StGB, 4. Aufl. 2022, § 283d StGB Rn. 20).