Keine Insolvenzeröffnung auf Gläubigerantrag bei Einstellung der Zwangsvollstreckung aus rechtskräftigem Urteil über insolvenzbegründende ForderungLeitsatz Stützt ein Gläubiger seinen Insolvenzantrag allein auf eine Forderung aus einem vollstreckbaren Endurteil, entfällt der mit dem Urteil erbrachte Beweis der Forderung als Voraussetzung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch in diesem Fall, wenn der Schuldner auf dem Prozessweg - sei es auch nur vorläufig - die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil erreicht und die ggf. an die Einstellung gestellten Voraussetzungen erfüllt (Fortführung von BGH, Beschl. v. 14.01.2010 - IX ZB 177/09 - NZI 2010, 225 Rn. 6 ff.). - A.
Problemstellung I. Das Insolvenzeröffnungsverfahren läuft zweiteilig ab. In der ersten Phase, dem (nicht mit förmlicher Entscheidung endenden) Zulassungsverfahren, ist Gegenstand die Zulässigkeit des Antrags. Dabei geht es beim Gläubigerantrag des § 14 InsO darum, ob der Gläubiger ein Rechtsschutzinteresse an der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens hat und ob er seine Forderung, auf die er seinen Antrag stützt, sowie den von ihm behaupteten Insolvenzgrund glaubhaft gemacht hat (§ 14 Abs. 1 Satz 1 InsO, §§ 4, 294 ZPO). Diese Phase unterliegt nicht der Amtsermittlung i.S.d. § 5 Abs. 1 InsO, da es eine Insolvenzeröffnung ohne Antrag (Eigenantrag nach § 13 InsO bzw. Gläubigerantrag nach § 14 InsO, der hier im Mittelpunkt steht) im inländischen Recht nicht gibt. In der zweiten Phase des vorläufigen Insolvenzverfahrens steht am Ende die Frage, ob ein Eröffnungsgrund, beim Gläubigerantrag die materiellen Insolvenzgründe Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung (diese nur bei den insolvenzfähigen Verbänden i.S.d. § 15a InsO i.V.m. § 11 InsO unter Ausschluss der von der Insolvenzunfähigkeit des § 12 InsO umfassten (Gebiets-)Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts), zur Überzeugung des Gerichts zu bejahen ist. In der Praxis der Gläubigeranträge ist – nachvollziehbar – der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit bei weitem überwiegend. Ist die vom Gläubiger vorgetragene Insolvenzforderung i.S.d. § 38 InsO (für die Verfahrenseröffnung) allein insolvenzbegründend, wäre also ohne diese Forderung ein Insolvenzgrund aus dem Blick des Insolvenzgerichts zu verneinen, wäre der Insolvenzantrag als unbegründet abzuweisen. Die Überzeugung des Insolvenzgerichts muss sich also bei dieser Fallkonstellation auf das Bestehen der Forderung nach den für § 286 ZPO entwickelten Grundsätzen beziehen (dazu Seiler in: Thomas/Putzo, ZPO, 2025, § 286 Rn. 2, 2a). Die Überzeugung des Gerichts vom Insolvenzgrund kann sich auf eine Fülle von Umständen stützen, ein rechtskräftiges Endurteil über die behauptete Insolvenzforderung zugunsten des Klägers beweist das Bestehen der Forderung und ist daher bei vorher bejahter Zulässigkeit des Antrags geeignet, die Begründetheit des Antrages zu bejahen und das Verfahren zu eröffnen (seit BGH, Beschl. v. 08.11.2007 - IX ZB 201/03 - ZInsO 2007, 1275, st. Rspr., vgl. zuletzt aus der Instanzrechtsprechung eine gesonderte Fallkonstellation, LG München I, Beschl. v. 31.07.2025 - 14 T 9284/25). II. Das Gericht hat, wenn die Zulässigkeit des Gläubigerantrags zu bejahen ist, den Schuldner nach § 14 Abs. 2 InsO anzuhören, eine Ausprägung des Verfahrensgrundrechts des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG. Bringt er substanziierte Einwendungen gegen den Gläubigervortrag vor, sind diese bei der Entscheidung über den Eröffnungsantrag zu berücksichtigen. Da mit der Bejahung der Zulässigkeit die Amtsermittlungspflicht (§ 5 Abs. 1 InsO) beginnt, wird das Insolvenzgericht spätestens dann regelmäßig einen Gutachter beauftragen, der die Aufgabe hat, die relevanten Umstände zu recherchieren, die eine Insolvenzeröffnung tragen, auf die das Gericht nach einem zutreffenden Terminus aus der Literatur seine Amtsermittlungspflicht faktisch überträgt und der ein Gutachten erstellt, das dem Richter die Grundlagen für seinen Eröffnungs- oder Abweisungsbeschluss darstellt und aufarbeitet (Vuia in: MünchKomm InsO, 5. Aufl. 2025, § 16 Rn. 45 ff.). Dabei wird das Gericht nach guter Praxis dann, wenn aus dem Insolvenzeröffnungsantrag eines Gläubigers über das Vermögen eines Insolvenzschuldners hervorgeht, dieser betreibe ein fortgeführtes Unternehmen, den Gutachter beauftragen, in ganz kurzer Zeit (etwa drei Tage) eine vorläufige Einschätzung abzugeben, die den Richter in die Lage versetzt, über etwaig (umgehend) notwendige Sicherungsmaßnahmen i.S.d. § 21 InsO zu entscheiden. III. Stützt sich der Gläubiger bei seinem Antrag auf eine rechtskräftig titulierte Forderung, so stellt sich die Frage, ob die Beweiswirkung des rechtskräftigen Urteils abschließend ist oder ob der Schuldner dagegen erfolgreich Einwendungen erheben kann. In dieser abstrakten Form wird man die Frage ohne Weiteres bejahen, wenn man etwa an eine erfolgreiche Klage nach § 767 ZPO denkt, deren Streitgegenstand die Vollstreckbarkeit des insoweit angegriffenen rechtskräftigen Titels ist (Seiler in: Thomas/Putzo, ZPO, § 767 Rn. 3). IV. In diesem Umfeld ist die Besprechungsentscheidung in einem Rechtsbeschwerdeverfahren angesiedelt, wobei dort Gegenstand die Frage der Folgen der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem rechtskräftigen Zahlungsurteil für den Gläubigerantrag ist.
- B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung I. 1. Das weitere Umfeld des vorliegenden Verfahrens ist ein Erbenstreit zwischen dem Schuldner und den im Erbschein ausgewiesenen testamentarischen Erben (die weiteren Beteiligten zu 1) und 2) des Verfahrens; der weitere Beteiligte zu 3) ist der Insolvenzverwalter des Schuldners) seiner verstorbenen Ehefrau, mit der er gemeinsam in Bruchteilseigentum (§§ 1008 bis 1011, 741 ff. BGB) Miteigentümer einer Immobilie zu je 1/2 war (eine bezüglich eines Einfamilienhauses typische Fallkonstellation und ein Massenphänomen in der Praxis der Notare und Grundbuchämter). Die Erbscheinserben sind im Grundbuch aufgrund des Erbscheins eingetragen (§ 2365 BGB, § 35 Abs. 1 GBO, vgl. Weidlich in: Grüneberg, BGB, 84. Aufl. 2025, § 2353 Rn. 78); der Erbschein stellt jedoch nicht materiell-rechtlich das Erbrecht fest. Zur Klärung der materiellen erbrechtlichen Lage bedarf es der Erbenfeststellungsklage (§ 256 ZPO), die der Schuldner im Januar 2023 einlegte mit der Begründung der Unwirksamkeit des Testaments der Erblasserin aus dem Jahr 2008. 2. Unterhalb dieser Metaebene entwickelte sich der hier relevante und zum Insolvenzantrag führende Rechtsstreit zwischen Schuldner und Erbscheinserben. Diese beantragten zum einen die Teilungsversteigerung des gesamten Grundbesitzes zur Aufhebung der (Bruchteils-)Gemeinschaft zwischen dem Schuldner und den Erbscheinserben (§ 753 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB, § 180 ZVG; vgl. Depré/Popp, ZVG, 3. Aufl. 2024, § 180 Rn. 3). In einem weiteren Streit derselben Parteien erstritten die Erbscheinserben im Oktober 2022 ein rechtskräftiges Zahlungsurteil durch das OLG Karlsruhe über „Miete und Nutzungsentschädigung“ gegen den späteren Schuldner. Nach der Einreichung der Erbenfeststellungsklage durch den Schuldner stellten die Erbscheinserben – ebenfalls im Januar 2023 – Insolvenzantrag gegen den Schuldner; sie stützten sich auf die Nichtbezahlung der vom OLG Karlsruhe ausgeurteilten Summe. Der Schuldner verweigerte die Zahlung des ausgeurteilten Betrages und weiterer titulierter Forderungen an die Erbscheinserben und erhob im Mai 2023 Vollstreckungsabwehrklage gegen die Vollstreckung aus dem Urteil des OLG Karlsruhe. Zudem hat der Schuldner auch offenbar Schadensersatzklage gegen die Erbscheinserben nach § 826 BGB erhoben (erwähnt in Rn. 18 der Gründe, nicht im Sachverhalt der Rn. 1-4 in Abschnitt I der Entscheidung). Am 17.10.2023 stellte das LG Karlsruhe die Vollstreckung aus diesem Urteil einstweilen ein (§ 769 Abs. 1 ZPO). Dieser Beschluss wurde am 20.12.2024 wieder aufgehoben. 3. Am 05.06.2023 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners vom AG Karlsruhe/Insolvenzgericht eröffnet und der Beteiligte zu 3) zum Insolvenzverwalter bestellt; auf Beschwerde des Schuldners wurde das Verfahren vom LG Karlsruhe am 15.08.2023 aufgehoben und zurückverwiesen, worauf das Insolvenzgericht am 20.03.2024 das Verfahren wieder eröffnete. Die dagegen erneut gerichtete Beschwerde des Schuldners wurde am 14.10.2024 zurückgewiesen, die Rechtsbeschwerde vom Einzelrichter zugelassen. 4. Der BGH hatte auf Antrag des Schuldners und Rechtsbeschwerdeführers die Vollziehung des Eröffnungsbeschlusses nach § 575 Abs. 5 ZPO, § 570 Abs. 3 Halbsatz 2 ZPO i.V.m. § 4 InsO bis zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde zunächst ausgesetzt. II. 1. Der BGH hat nunmehr den Beschluss des LG Karlsruhe aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. 2. Die Rechtsbeschwerde war zulässig, obwohl sie entgegen § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO nicht von der Kammer, sondern dem Einzelrichter beschlossen wurde, der der Kammer das Verfahren fehlerhaft nicht übertragen hatte. Das Rechtsbeschwerdegericht sei an die fehlerhafte Zulassung gebunden, und zwar sogar dann, wenn zudem der Zulassungsgrund aufgrund späterer Entwicklung überhaupt nicht bestand, die verfahrensgegenständliche Rechtsfrage also nicht entscheidungserheblich war, erst recht, wenn sich dies aufgrund geänderter Umstände erst nachträglich zeigte (Folge aus § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO). Der angefochtene Beschluss sei wegen Verstoßes gegen den Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 2 Satz 2 GG) als objektiv willkürlich aufzuheben, der Fehler sei von Amts wegen zu beachten. Der Einzelrichter habe nach § 568 Satz 2 ZPO auf die Kammer zu übertragen und dürfe in der Sache nicht selbst entscheiden. Der BGH hat daher die Einzelrichterentscheidung aufgehoben und die Sache an das LG Karlsruhe zurückverwiesen, so dass die weiteren Ausführungen über das anschließende Vorgehen des Beschwerdegerichts zur Sachentscheidung im zweiten Beschwerdeverfahren sich als „Segelorder“ an das Vordergericht darstellen. Gegenstand dieser Ausführungen sind die vorliegend relevanten insolvenzrechtlichen Themen der Rechtsbeschwerde, wie sie in dem Leitsatz zum Ausdruck kommen. III. 1. Der Senat entwickelt zunächst die Voraussetzungen der Zulässigkeit beim Gläubigerantrag nach § 14 Abs. 1 Satz 1 InsO. Im weiteren Schritt, der Entscheidung über die Verfahrenseröffnung, müsse das Gericht vom Vorliegen eines Eröffnungsgrundes überzeugt sein. Sofern das Gericht von dem Bestehen eines Eröffnungsgrundes aufgrund anderweitiger Umstände (bereits) überzeugt sei, genüge die Glaubhaftmachung der Forderung durch den Gläubiger. Wieder anderes gilt, wenn die betreffende Gläubigerforderung „insolvenzbegründend“ ist, also die Eröffnung davon abhängt, ob gerade diese Forderung besteht; dann sei die Glaubhaftmachung nicht mehr hinreichend. Die betroffene Forderung müsse dem Insolvenzgericht bewiesen werden, wenn der Schuldner substanziiert widerspreche. Dies sei hier der Fall. 2. Der Beweis könne durch einen Titel über die Forderung geführt werden. Ohne Titel gingen Zweifel am Bestehen der Forderung zulasten des Antragstellers. Entscheidend ist dabei die Feststellung, dass das Insolvenzgericht nicht dazu da ist, „ernsthaft bestrittene, rechtlich zweifelhafte Forderungen“ zu prüfen, dies sei Aufgabe des Prozessgerichts (Rn. 12). Umgekehrt sei es ebenso wenig Aufgabe des Insolvenzgerichts „rechtlich und tatsächlich zweifelhaften Einwänden des Schuldners“ nachzugehen, insoweit sei wiederum er an das Prozessgericht verwiesen. Rechtsbehelfe gegen die Vollstreckung aus einer vollstreckbaren Entscheidung gibt es hinreichend, der Senat nennt Beispiele (Rn. 13). Zutreffend hebt die Entscheidung hervor, dass ein bloßer Antrag eines Rechtsbehelfs nicht ausreicht, sondern erforderlich sei eine Gerichtsentscheidung des Prozessgerichts und die Erfüllung dort etwaig getroffener weiterer Anordnungen. 3. Aus der Differenzierung zwischen einem vollstreckbaren Schuldtitel und einem Endurteil nach der Struktur der §§ 179 Abs. 2, 184 Abs. 2 InsO gehe hervor, dass die vorstehenden Grundsätze zur Beweiswirkung der insolvenzbegründenden Forderung auch auf rechtskräftige Urteile zutreffen. „Endurteil“ i.S.d. § 179 Abs. 2 InsO ist das nicht vollstreckbare Urteil, da das vollstreckbare Endurteil unter dem Begriff des „vollstreckbaren Schuldtitels“ subsumiert ist (Schumacher-Hidding in: MünchKomm InsO, 5. Aufl. 2025, § 179 Rn. 25). 4. Die Wertung des § 179 Abs. 2 InsO gelte zwar schon im Eröffnungsverfahren, unmittelbar aber allein im Forderungsfeststellungsprozess nach Bestreiten der angemeldeten Forderung. Im Feststellungsprozess ergebe sich die Betreibungslast des Bestreitenden ausschließlich aus der „hoheitlichen Feststellung“ der Forderung im Endurteil (Tenor), und zwar unabhängig von der Rechtskraft. Fehle die Vollstreckbarkeit des Titels – hier eines nicht vollstreckbaren Endurteils –, ändere das nichts, ebenso wenig, wenn die Vollstreckung daraus einstweilen eingestellt sei. Der Bestreitende müsse das Urteil „selbst zu Fall bringen“. 5. Vorliegend sei Gegenstand aber nicht die Betreibungslast, sondern weiter gehend die Verfahrenseröffnung mit ihren einschneidenden Folgen für den Schuldner, die von der Wertung des Titels abhängt (und seiner Bedeutung für das Bestehen der insolvenzbegründenden Forderung). Daher seien „keine höheren Anforderungen“ an die Beseitigung der „Beweiswirkung des Titels“ zu richten „als bei (sonstigen) vollstreckbaren Schuldtiteln“ (Rn. 17). Der Schuldner müsse daher nicht, wie in den Fällen der Forderungsfeststellungsklage (Tabellenklage), das Endurteil selbst zu Fall bringen (Rn. 16 a.E.), sondern allein dessen Vollstreckbarkeit. Müsse der Schuldner das Ergebnis eines Rechtsmittels oder einer Abwehrklage nach § 767 ZPO abwarten, wäre er faktisch rechtlos gestellt. Es genüge daher eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung, um die Beweiswirkung zu erschüttern. Das Insolvenzgericht sei vorliegend nicht zur Prüfung der Erfolgsaussicht der Abwehrklage des Schuldners befugt, ebenso nicht, ob dessen Klage nach § 826 BGB Erfolgsaussicht haben werde. Das Beschwerdegericht habe nach Maßgabe der Gründe der Rechtsbeschwerdeentscheidung des Senats über die Beschwerde des Schuldners erneut zu entscheiden. Der Eröffnungsbeschluss des AG Karlsruhe sei wieder vollziehbar, nachdem das LG Karlsruhe seinen Beschluss über die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des OLG Karlsruhe aufgehoben hatte und damit kein „Anlass“ bestehe, die Vollziehung des Eröffnungsbeschlusses durch den Senat weiterhin auszusetzen, §§ 575 Abs. 5, 570 Abs. 3 Halbsatz 2 ZPO (Rn. 21). 6. Es könne offenbleiben, ob von den vorstehenden Grundsätzen eine Ausnahme zu machen sei, wenn über unstreitige oder offensichtliche Sachverhalte zu entscheiden sei, denn eine solche Konstellation liege hier nicht vor.
- C.
Kontext der Entscheidung I. Der Wegfall des Suspensiveffektes der Rechtsbeschwerde nach Aufhebung der zunächst vom Senat angeordneten einstweiligen Aussetzung der Vollziehung des Eröffnungsbeschlusses durch den Senat führt dazu, dass das Insolvenzverfahren weitergeführt werden kann. Die Beschwerde des Schuldners dürfte zurückgewiesen werden, da die Beschwerde nach Wegfall der einstweiligen Einstellung durch das Prozessgericht der Abwehrklage unbegründet sein dürfte, wobei das Beschwerdegericht zu prüfen hat, wie die zum Zeitpunkt seiner erneuten Entscheidung bestehende Lage einzuschätzen ist, inwieweit die Beweiswirkung des rechtskräftigen Titels letztlich doch zu bejahen ist. Dass die dadurch titulierte Forderung insolvenzbegründend ist (§ 16 InsO) dürfte unstreitig sein. Es ist daran zu erinnern, dass der Beschluss schon als Folge des Verstoßes des Einzelrichters gegen die Übertragungspflicht auf die Kammer nach § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 ZPO und damit gegen den Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) als willkürlich aufzuheben war. II. Trotz Verfahrenseröffnung im Regelverfahren mit einem Insolvenzverwalter mit der Folge des § 80 InsO und trotz fehlenden Suspensiveffektes der sofortigen Beschwerde (§§ 570 Abs. 1, 4, 6 InsO) bleibt der Schuldner bei Eröffnung des Verfahrens beschwerdebefugt (§ 34 Abs. 2 InsO). III. Die erste Verfahrenseröffnung am 05.06.2023 war am 15.08.2023 zu Ende, als das LG Karlsruhe als Beschwerdegericht den Eröffnungsbeschluss aufgehoben hat, eine Entscheidung, die aber nicht zur Erledigung des Gläubigerinsolvenzantrags führte, sondern zur Zurückverweisung an das Amtsgericht/Insolvenzgericht als Ausgangsgericht. Für die Entwicklung der verfahrensrechtlichen Situation sind die weiteren Abläufe entscheidend: Das rechtskräftig gewordene Urteil des OLG Karlsruhe stammt vom 27.10.2022, der Insolvenzantrag der Gegenseite vom 25.01.2023, die Vollstreckungsabwehrklage vom 04.05.2023. Sie richtet sich gegen die Vollstreckung aus einem vollstreckbaren Titel, Rechtsschutzinteresse besteht, sobald eine Vollstreckungsmaßnahme droht, erst recht, wenn sie eingeleitet ist (Seiler in: Thomas, ZPO, § 767 Rn. 14). Das Verfahren war noch nicht eröffnet, also war die Klage durch den Schuldner zulässig, da offenbar kein vorläufiger Insolvenzverwalter nach § 22 InsO bestellt war. Die erste Verfahrenseröffnung am 05.06.2023 wurde am 15.08.2023 aufgehoben, erst danach hat der Schuldner beim LG Karlsruhe als Prozessgericht der Abwehrklage die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem rechtskräftigen Urteil des OLG Karlsruhe am 17.10.2023 (nach § 769 Abs. 1 Satz 1 ZPO) erstritten. Danach, am 20.03.2024, wurde das Insolvenzverfahren zum zweiten Mal eröffnet, eine Entscheidung, die schließlich zu der vorliegenden Rechtsbeschwerdeentscheidung des BGH führte. Daraus kann geschlossen werden, dass eine Sicherungsmaßnahme nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 InsO (Untersagung bzw. einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung) nicht angeordnet wurde. Es ging bei der Vollstreckung um die titulierten schuldrechtlichen Ansprüche, nicht um die Durchsetzung dinglicher Sicherheiten (Rn. 1 a.E.). Ein solches Vollstreckungsverbot (dazu Schildt in: MünchKomm InsO, 2025, § 21 Rn. 72 bis 74) hätte die Vollstreckungsmaßnahmen der Gläubiger unterbunden, wohl auch die Vollstreckungsabwehrklage, da keine Vollstreckung mehr möglich gewesen wäre. Die Kläger wären dann wegen ihrer titulierten Zahlungsansprüche auf die Anmeldung im Insolvenzverfahren verwiesen worden (§§ 87, 174 ff. InsO). Der Schuldner wäre daher im Eröffnungsverfahren darauf verwiesen, substanziierte Einwendungen gegen die Beweiswirkung des Titels vorzubringen, die dann auf Erheblichkeit durch das Insolvenzgericht zu prüfen wären – das dann doch über die Frage des Bestehens der Forderung zu entscheiden hätte, und zwar im tatsächlichen Ergebnis anstelle des Prozessgerichts. Daher kann es in solchen ungewöhnlichen Fällen behaupteter insolvenzbegründender Forderungen, denen substanziiert nach § 767 ZPO entgegengetreten wird, sachgerecht sein, keine Anordnung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 InsO gegen den betreffenden Gläubiger zu erlassen. Der Vollstreckungsgläubiger, der wie hier vollstreckt und parallel einen Insolvenzantrag stellt, trägt ja selbst Zahlungsunfähigkeit des Schuldners als Folge der Nichtbezahlung seiner titulierten Forderung vor, so dass der Vollstreckungserfolg im Eröffnungsverfahren bei späterer Insolvenzeröffnung an § 88 InsO scheitert oder jedenfalls nach den §§ 130, 141 InsO an späterer Insolvenzanfechtung. IV. Damit ist auch die rechtskräftig titulierte Forderung, auf die sich der Gläubigerinsolvenzantrag als insolvenzbegründend stützt, nicht stets Garant dafür, dass das Insolvenzverfahren eröffnet werden kann, sofern der Schuldner im Rahmen der Anhörung nach § 14 Abs. 2 InsO substanziiert Einwendungen vorbringt dahin, die Vollstreckung aus dem Urteil sei einstweilen eingestellt, seine Vollstreckungsabwehrklage sei – in erster Instanz – erfolgreich gewesen oder ähnliche Rechtsbehelfe, die die Vollstreckbarkeit des rechtskräftigen Titels entwerten. Erst recht gilt das auch in den Fällen von Restitutionsklagen, in deren Rahmen ebenfalls die Zwangsvollstreckung aus den angegriffenen Urteilen eingestellt werden kann.
- D.
Auswirkungen für die Praxis I. Der Entscheidung des BGH ist zuzustimmen, da die Eröffnung in Fällen wie hier bei substanziierten Einwendungen des Schuldners weitgreifende Folgen hat (vgl. § 1 InsO). Die eigentliche Problematik der Beeinträchtigung des Schuldners beginnt jedoch schon in der Phase nach Bejahung der Zulässigkeit des Insolvenzantrags, sobald der Richter Sicherungsmaßnahmen anordnet und jedenfalls dann, wenn Veröffentlichungen erfolgen müssen (§§ 23, 9 InsO). Scheitert dann der Eröffnungsantrag des Gläubigers an der Begründetheit aufgrund fehlenden Beweises der insolvenzbegründenden Forderung, so kann ein bleibender Schaden bei dem Schuldner bereits entstanden sein. Dieser wird nicht stets zu einem Anspruch gegen den antragstellenden Gläubiger führen, weil nicht ohne Weiteres die Tatbestandsmerkmale des § 826 BGB sämtlich vorliegen werden und auch die Voraussetzungen weiterer Anspruchsgrundlagen häufig fehlen werden (dazu Vuia in: MünchKomm InsO, § 14 Rn. 15 bis 17). Auch aus diesem Grund wird der Richter vor Anordnung von Sicherungsmaßnahmen zweckmäßig das kurzfristige Votum des beauftragten Sachverständigen einholen. II. Die Besprechungsentscheidung zeigt insbesondere, dass der Titel über die insolvenzbegründende Forderung, auch wenn er rechtskräftig sein sollte, nicht den Beweis für deren Bestehen erbringt, wenn das Prozessgericht die Vollstreckung daraus einstellt, so dass es verfahrensrechtlich am Nachweis eines Insolvenzgrundes fehlt (§ 16 InsO) und der Antrag als unbegründet abzuweisen ist. III. Schuldner sind daher gut beraten, aus ihrem Blick begründete Rechtsbehelfe nicht erst gegen die Eröffnungsentscheidung einzulegen (§ 34 Abs. 2 InsO), sondern bereits bzw. spätestens bei der Anhörung nach § 14 Abs. 2 InsO gegen den vollstreckbaren Titel, den der Gläubiger der Antragstellung unterlegt, substanziierte Einwendungen beim Insolvenzgericht vorzubringen sowie jedenfalls gegen die Vollstreckbarkeit des Titels mit den jeweils dafür vorgesehenen Rechtsbehelfen umgehend vorzugehen. Ziel ist die Abweisung des Gläubigerinsolvenzantrags als unzulässig, jedenfalls aber als unbegründet. IV. Erklärt der Gläubiger die Erledigung seines Antrags in der Hauptsache – eine Folge seiner Dispositionsmacht nach § 13 Abs. 2 InsO –, so will er seinen Eröffnungsantrag nicht mehr verfolgen. Damit wird der Antrag aufgrund Wegfalls des Rechtsschutzinteresses unzulässig. § 14 Abs. 1 Satz 2 InsO ändert hieran nichts, da die dortige ratio legis eine andere Ausrichtung verfolgt (entgegen anderen Meinungen daher zutreffend Vuia in: MünchKomm InsO, § 14 Rn. 61; vgl. auch LG München I, Beschl. v. 31.07.2025 - 14 T 9284/25).
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