Problemstellung
Umwandlungsrechtlich ist bei einer Verschmelzung oder Spaltung eine Schlussbilanz, die auf einen Stichtag datiert, der nicht älter als acht Monate vor dem Tag der Anmeldung lautet, als Anlage zur Anmeldung zum Handelsregister einzureichen, § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG. Diese Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers muss festgestellt und – sofern eine gesetzliche Prüfungspflicht nach HGB besteht – auch von einem Abschlussprüfer geprüft worden sein, § 17 Abs. 2 Satz 2 UmwG. Oftmals wird es für die Anmeldenden zeitlich knapp, eine solche Schlussbilanz fristgerecht aufzustellen und ggf. prüfen zu lassen, weshalb sich in der Praxis immer wieder die Frage stellt, ob diese nachgereicht werden kann und wenn ja, ob diese jedenfalls zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits aufgestellt sein muss.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Der übertragende Rechtsträger hatte zunächst eine untaugliche, weil auf einen unbrauchbaren Stichtag aufgestellte, Bilanz als Schlussbilanz zum Handelsregister eingereicht. Der übertragende Rechtsträger wollte sich zum Stichtag 31.12.2022 auf eine andere Gesellschaft verschmelzen und meldete eben jenes am 30.08.2023 zum Handelsregister an. Dabei fügte er eine auf den Stichtag 31.08.2022 aufgestellte Bilanz bei. Das Handelsregister forderte den übertragenden Rechtsträger auf, eine Bilanz unter Beachtung der Acht-Monats-Frist einzureichen und setzte dafür eine Frist von einem Monat. Nachdem die Monatsfrist fruchtlos verstrich, wies das Handelsregister die Anmeldung zurück.
Dagegen legte der übertragende Rechtsträger Beschwerde ein. Im Beschwerdefahren legte dieser dann eine Bilanz zum Stichtag 31.12.2022 vor, die am 27.10.2023, also nach dem Tag der ursprünglichen Anmeldung, vom Geschäftsführer unterschrieben und von der Gesellschafterversammlung festgestellt worden war. Das Registergericht half der Beschwerde nicht ab. Das Beschwerdegericht wies die Beschwerde zurück, weil es meinte, die Schlussbilanz habe vor dem Tag der Anmeldung bereits aufgestellt sein müssen, was hier ersichtlich nicht der Fall war.
Der BGH hat die Entscheidung des Registergerichts und des Beschwerdegerichts bestätigt, aber mit anderer Begründung als das Beschwerdegericht.
Nach dem BGH trifft die Annahme, die Bilanz müsse bereits im Zeitpunkt der Anmeldung erstellt worden sein, nicht zu. Die Schlussbilanz könne auch später erstellt werden, sie müsse aber zeitnah nach der Anmeldung zum Handelsregister eingereicht werden. Die vom Handelsregister gesetzte Frist von einem Monat wertete der BGH dabei als angemessen und somit zeitnah.
Mit der Zulässigkeit der Nachreichung einer Schlussbilanz hält der BGH sich nicht lange auf und bejaht diese. Dies entspricht auch der bislang ganz überwiegenden Meinung. Der BGH untermauert diese Meinung mit dem Gebot der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Verhältnismäßigkeit, wonach eine angemessene Frist zur Behebung von Mängeln und Fehlern zu setzen sei. Eine wie im vorliegenden Fall gesetzte Frist von einem Monat hält der BGH für angemessen. Die Nachreichung einer Schlussbilanz sei auch deshalb gerechtfertigt, wenn und weil der Verschmelzungsvertrag, die zustimmenden Beschlüsse und erforderlichen Zustimmungserklärungen vorliegen, die dem Register überhaupt die Prüfung ermöglichen, ob eine eintragungsfähige Tatsache vorliege.
Der BGH lehnt allerdings die Begründung des Beschwerdegerichts ab. Anders als dieses meint er, die Schlussbilanz müsse nicht bereits am Tag der Handelsregisteranmeldung vorhanden sein. Solches ergebe sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn des Gesetzes. Vielmehr könne sie auch erst nach dem Zeitpunkt der Anmeldung erstellt werden. Die Acht-Monats-Frist des § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG gelte nur für den Abstand zwischen dem Stichtag der einzureichenden Bilanz und der Anmeldung. Der Sinn der Einreichung einer Schlussbilanz liege in erster Linie darin, den Gläubigern eine zur Eintragung der Umwandlung einigermaßen zeitnahe Information über die Vermögensverhältnisse des übertragenden Rechtsträgers zu verschaffen. Mit der Acht-Monats-Frist werde diesem Sinn ausreichend Rechnung getragen. Im Verhältnis zur endgültigen Zurückweisung sei die Nachreichung einer Schlussbilanz demgegenüber zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit ausreichend. Für die Interessen der Gläubiger sei es schließlich auch unbedeutend, wann die Schlussbilanz aufgestellt sei. Entscheidend sei, dass ihr Stichtag nicht länger als acht Monate vor dem Tag der Einreichung her sei.
Kontext der Entscheidung
Beide Fragen, ob eine Schlussbilanz nachgereicht werden kann und ob diese bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung erstellt sein müsse, hat der BGH nun verbindlich geklärt und damit für erhebliche Klarheit gesorgt. Die Möglichkeit der Nachreichung einer Schlussbilanz war auch bislang überwiegende Meinung und nach Erfahrung des Verfassers auch von den Handelsregistern ausgeübte Praxis.
Auch in der Sache überzeugt die Entscheidung. Die Schlussbilanz wird im Handelsregister erst eingestellt mit Eintragung der Umwandlung. Sie ist erst dann öffentlich einsehbar. In welcher Sphäre eine verzögerte Eintragung der Umwandlungsmaßnahme liegt, dürfte aus Gläubigersicht ebenso unerheblich sein wie der Erstellungszeitpunkt der Schlussbilanz. Entscheidend ist der Stichtag, zu dem die Schlussbilanz erstellt wurde und diesbezüglich ist der Wortlaut des Gesetzes eindeutig: acht Monate vor Anmeldung.