SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV): Neufassung ab 1. Juli 2021 in Kraft

Nachdem das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zwischenzeitlich den Referentenentwurf der Neufassung der Corona-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) auf seinen Internetseiten veröffentlicht hatte und das Kabinett diese am 23. Juni 2021 gebilligt hat], tritt zum 1. Juli 2021 die Neufassung der Corona-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) in Kraft.

Der Gastbeitrag von Rechtsanwalt Dr. Gunther Mävers behandelt ein wegen der sich stets verändernden Krisenlage hochaktuelles Thema. Nach Erscheinen können sich sehr schnell Änderungen der Sach- und Rechtslage ergeben. Unser Autor gibt die ihm bekannte Sach- und Rechtslage mit Stand vom 30.06.2021 wieder.

Lesen Sie zu den Änderungen der Corona-Arbeitsschutzverordnung ab dem 10.09.2021: Neuerliche Neufassung und Modifizierung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung

Arbeitsschutzverordnung

I. SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV)

Die grundlegenden Arbeitsschutzregeln sollen für die Dauer der epidemischen Lage nationaler Tragweite bis einschließlich zum 10.September 2021 fort gelten. Da - so lautet es zur Begründung - in vielen Lebensbereichen die Möglichkeiten für weitere Kontaktbeschränkungen und zusätzliche Infektionsschutzmaßnahmen weitgehend ausgeschöpft sind, seien zusätzliche und zeitlich befristete Maßnahmen des betrieblichen Arbeitsschutzes als Beiträge zum Gesundheitsschutz der Beschäftigten weiterhin unverzichtbar.

Im Einzelnen gelten somit folgende Regelungen - teilweise gegenüber der derzeitigen Regelung etwas modifiziert - fort:

1. Gefährdungsbeurteilung und betriebliches Hygienekonzept (§ 2 Corona-ArbSchV)

Zunächst hat der Arbeitgeber weiterhin eine Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen sowie ein betriebliches Hygienekonzept zu erarbeiten und zugänglich zu machen.

So ist vorgesehen, dass der Arbeitgeber die Gefährdungsbeurteilung nach Maßgabe der §§ 5, 6 Arbeitsschutzgesetz hinsichtlich zusätzlich erforderlicher Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes unter Berücksichtigung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel zu überprüfen und zu aktualisieren hat. Auf der Grundlage dieser Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber in einem Hygienekonzept die erforderlichen Maßnahmen zum betrieblichen Infektionsschutz festzulegen und - auch in den Pausenbereichen und während der Pausenzeiten sowie ggf. unter Hinzuziehung der branchenbezogenen Handlungshilfen der Unfallversicherungsträger - umzusetzen. Nach der Begründung zum Referentenentwurf soll die Gefährdungsbeurteilung festlegen, ob ein Testangebot ungeachtet der nicht bestehenden Verpflichtung, Genesene in das Testangebot einzubeziehen sinnvoll sein kann, um das Risiko der Einschleppung von COVID-19 in den Betrieb weiter zu vermindern.

Des Weiteren bleibt es bei der Verpflichtung des Arbeitgebers, Masken zur Verfügung zu stellen bzw. der Verpflichtung der Belegschaft, diese oder vergleichbare zu tragen. Ergibt die Gefährdungsbeurteilung, dass ein Schutz der Beschäftigten durch technische und organisatorische Schutzmaßnahmen nicht ausreichend ist und das Tragen medizinischer Gesichtsmasken (Mund-Nase-Schutz) oder Atemschutzmasken durch die Beschäftigten erforderlich ist, sind diese vom Arbeitgeber bereitzustellen. Die Beschäftigten haben die vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellenden Masken oder mindestens gleichwertige Masken zu tragen.

Schlussendlich ist das betriebliche Hygienekonzept - wie bislang - den Beschäftigten in geeigneter Weise in der Arbeitsstätte zugänglich zu machen.

2. Kontaktreduktion im Betrieb (§ 3 Corona-ArbSchV)

Der Arbeitgeber hat weiterhin alle geeigneten technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen, um betriebsbedingte Personenkontakte zu reduzieren, sowie die gleichzeitige Nutzung von Räumen durch mehrere Personen auf das betriebsnotwendige Minimum zu reduzieren. Damit soll künftig die verbindliche Vorgabe einer Mindestfläche von 10 m² pro Person in mehrfach belegten Räumen entfallen; entsprechendes gilt mit dem Auslaufen der Bundesnotbremse auch für die strikte Vorgabe bzw. weitestgehende Ermöglichung der Tätigkeit von Home-Office aus.

3. Corona-Testangebot (§ 4 Corona-ArbSchV)

Auch die Verpflichtung zum Testangebot bleibt bestehen. Zur Minderung des betrieblichen SARS-CoV-2-Infektionsrisikos hat der Arbeitgeber den Beschäftigten, soweit diese nicht ausschließlich in ihrer Wohnung arbeiten, weiterhin mindestens zweimal pro Kalenderwoche kostenfrei einen zertifizierten Corona-Test anzubieten, es sei denn es kann durch andere geeignete Schutzmaßnahmen ein gleichwertiger Schutz der Beschäftigten sichergestellt oder ein bestehender gleichwertiger Schutz nachgewiesen werden. Nach der Begründung zum Referentenentwurf sollen Beschäftigte, bei denen ein Nachweis der vollständigen Impfung oder Genesung von einer COVID-19-Erkrankung vorliegt, vom Testangebot ausgenommen werden können. Wie bisher sieht die der Referentenentwurf auch weiterhin kein Auskunftsrecht des Arbeitgebers über den Impf- oder Genesungsstatus der Beschäftigten vor; damit korreliert die nicht bestehende Verpflichtung zum Impfen seitens der Arbeitnehmer.

Wie bislang sind Nachweise über die Beschaffung von Tests und Vereinbarungen mit Dritten über die Testung der Beschäftigten vom Arbeitgeber bis (nun) zum Ablauf des 10. September 2021 aufzubewahren. Dies gilt auch für Nachweise über bis zum 30. Juni 2021 beschaffte Tests und für Nachweise über bis zum 30. Juni 2021 geschlossene Vereinbarungen mit Dritten über die Testung der Beschäftigten nach den Vorgängerregelungen der Corona-Arbeitsschutzverordnung.

4. Inkrafttreten (§ 4 Corona-ArbSchV)

Da das Bundeskabinett am 23. Juni 2021 den vorgeschlagenen Änderungen zugestimmt hat, werden die Änderungen - wie vom Referentenentwurf vorgesehen - zum 1. Juli 2021 in Kraft treten sowie am Tag der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag, spätestens jedoch mit Ablauf des 10. September 2021 außer Kraft treten.

II. Bewertung

Mit der Neufassung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) werden die bislang geltenden Regelungen – teils modifiziert – verlängert, andererseits aber auch der veränderten Entwicklung der Inzidenz Rechnung tragend etwas „zurückgefahren“. Dies gilt insbesondere für die Frage der Tätigkeit im Home-Office sowie die Rückkehr in das Büro. Vorbehaltlich anderer individueller Vereinbarungen mit den Arbeitnehmern kann nun die (Wieder-)Aufnahme der Arbeit vor Ort im Büro in Ausübung des Direktionsrechts angeordnet werden, wenn die Einhaltung der Corona Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz gewährleistet werden können. Ungeachtet dessen kann die Durchführung der Tätigkeit vom Home-Office weiterhin geboten sein, wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen aus der Pressemitteilung ergibt:

„Zwar entfällt künftig die verbindliche Vorgabe einer Mindestfläche von 10 m² pro Person in mehrfach belegten Räumen und mit dem Auslaufen der Bundesnotbremse auch die strikte Vorgabe von Homeoffice. Betriebsbedingte Kontakte und die gleichzeitige Nutzung von Räumen durch mehrere Personen müssen aber auf das notwendige Minimum reduziert bleiben. Dazu kann auch weiterhin das Arbeiten im Homeoffice wichtige Beiträge leisten.“

Insoweit bleibt abzuwarten, ob sich den „FAQ“ auf den Internetseiten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales nach deren Aktualisierung weitere Anhaltspunkte zu dieser ggf. gebotenen Handhabung entnehmen lassen werden.

III. Zusammenfassung und Ausblick

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass nach der Neufassung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV)

  • die Gefährdungsbeurteilung weiterhin vorzunehmen sowie ein betriebliches Hygienekonzept zu erarbeiten und zu veröffentlichen ist
  • die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Bereitstellung von Masken sowie Testangeboten fortbesteht, bei Genesenen indes nur fakultativ
  • das Angebot zur Tätigkeit vom Home-Office nicht mehr bei dringenden betrieblichen Gründen zwingend ist, sondern nur ggf. geboten sein kann
  • die Mindestflächenvorgabe bei Doppelbesetzung entfällt, nicht aber die Vorgabe der Einhaltung zum Arbeitsschutz (auch in den Pausen) sowie insbesondere die „AHA+L-Regel (Abstand, Hygiene, Maske, Lüften)

Insgesamt geht mit den Änderungen ein Stück weit die Rückkehr zur (betrieblichen Normalität) einher. Es bleibt mit Spannung abzuwarten, ob sich die Situation insoweit bis zum Herbst nochmals verändern wird, wenn die Entscheidung über eine mögliche weitere Verlängerung und/oder Modifizierung der Maßnahmen über den 10. September 2021 hinaus ansteht.

Dr. Gunther Mävers, Maître en Droit (Aix-en-Provence)

Köln, Juli 2021



Dr. Gunther Mävers

  • Dr. Gunther Mävers, Fachanwalt für Arbeitsrecht, ist Gründungspartner von michels.pmks und seit Aufnahme seiner anwaltlichen Berufstätigkeit in allen Bereichen des Arbeitsrechts tätig.
  • Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt in der Beratung international agierender Unternehmen, insbesondere aus dem anglo-amerikanischen Raum im Rahmen von grenzüberschreitenden Sachverhalten mit allen sich in diesem Zusammenhang stellenden arbeitsrechtlichen Fragen.
  • Darüber hinaus verfügt er über umfangreiche Erfahrungen im Bereich Corporate Immigration und ist als einer der weltweit führenden Anwälte in diesem Bereich im „The International Who’s Who of Corporate Immigration Lawyers“ gelistet. Zudem ist er Mitglied und Board Member in den Netzwerken Visalaw International und Alliance of Global Business Immigration Lawyers.“


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